Page 94 - Integriertes Klimafolgenanpassungskonzept für die Stadt Essen
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G1 Erhalt und Vernetzung von Kaltluftentstehungsgebieten
Ziel/e der Maßnahme
Aufgrund der Zunahme der Hitzebelastung durch den Klimawandel, sollen durch den Erhalt und die
Vernetzung von Kaltluftentstehungsgebieten die negativen bioklimatischen Belastungen in hitzebe-
troffenen Stadtquartieren reduziert werden.
Beschreibung
Als kaltluftproduzierende Gebiete gelten vegetationsgeprägte Freiflächen wie Wälder und Parkanla-
gen sowie landwirtschaftlich genutzte Flächen wie Acker und Grünland. Acker- und Wiesenflächen
kühlen in der Nacht stärker aus und produzieren damit mehr Kaltluft als Waldgebiete. Die Wirksam-
keit von Kaltluftentstehungsgebieten ist stark von der Lage (Relief) abhängig. Da kalte Luft schwerer
ist, fließt sie dem Relief folgend hangabwärts. Da während austauscharmer Hochdruckwetterlagen
sehr geringe Windgeschwindigkeiten vorherrschen, spielt das Relief eine entscheidende Rolle für den
Transport der Kaltluft. Das am stärksten ausgeprägte Relief in Essen findet sich im Ruhrtal. Aus die-
sem Grund fließt ein Großteil der gebildeten Kaltluft in Essen in das Ruhrtal ab. Der Innenstadtbe-
reich sowie der Essener Norden sind unter anderem aufgrund des fehlenden Reliefs weniger gut mit
Kaltluft versorgt als der Essener Süden.
Zudem ist die Wirksamkeit von kaltluftproduzierenden Flächen stark von der Größe abhängig. Unter-
suchungen haben gezeigt, dass Kühlungseffekte ab einer Größe von 2,5 ha zu messen sind und die
Reichweite der kühlenden Wirkung, beispielsweise eines innerstädtischen Parks, etwa dem Durch-
messer des Parks entspricht (Upmanis et al. 1998). Diese Wirkung ist bereits bei kleineren Grünflä-
chen ab ca. 500 m² nachzuweisen. Umliegende Bebauungsstrukturen können dann im Nahbereich (<
200 m) profitieren. Eine klimatische Fernwirkung über die direkt anschließende Bebauungsreihe hin-
aus ergibt sich erst bei ausgedehnten Freiflächen ab 50 ha (Wirtschaftsministerium Baden-Württem-
berg 2012). Bei einer engen Vernetzung der kaltluftproduzierenden Flächen tragen auch kleinere
Grünflächen zur Abmilderung der Wärmeinsel bei.
Besonders vor dem Hintergrund des Klimawandels können kaltluftproduzierende Flächen aufgrund
der steigenden Hitzebelastung wichtige bioklimatische Ausgleichsfunktionen übernehmen. Beson-
ders während sommerlicher Hochdruckwetterlagen sowie während der Nachtstunden sind diese Flä-
chen in der Lage den überwärmten Siedlungsraum abzukühlen.
Umsetzungsbeteiligte
Umweltamt, Amt für Stadtplanung und Bauordnung, Amt für Straßen und Verkehr, Grün und Gruga,
Personen mit Grundstückseigentum, Landwirtinnen und Landwirte
Wesentliche Umsetzungsschritte und -instrumente
Freiflächen in direkter Randlage zu den Siedlungsgebieten oder zwischen großflächigen Industrie-
und Gewerbegebieten sind aufgrund ihrer sehr bedeutenden bioklimatischen Ausgleichsfunktion als
schutzwürdig einzustufen. Freiflächen mit einer Lage direkt in einer Luftleitbahn oder mit einem di-
rekten Anschluss an diese sind ebenfalls hoch schutzwürdig, da sie Kaltluft in hitzebelastete Bereiche
transportieren können. Die in Essen vorhandenen Brachflächen sollten auf eine mögliche Funktion
als Luftleitbahn, Grünvernetzung oder Kaltluftentstehungsgebiet überprüft und gegebenenfalls gesi-
chert werden. Die Beachtung von kaltluftproduzierenden Flächen bei zukünftigen Planungen kann
durch angepasstes Bauen oder Verzicht auf Bebauung erreicht werden. Um die positive Wirkung der
kaltluftproduzierenden Flächen genauer beurteilen zu können, ist das Erstellen von mikroklimati-
schen Gutachten sinnvoll.
Umsetzungsinstrumente:
Beachtung von übergeordneten Planvorgaben (Regionale Grünzüge) und Festsetzungen in
Bebauungsplänen (nach § 9 Abs. 1 BauGB)
Landschaftspflegerische Begleitplanung
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