Page 38 - Integriertes Klimafolgenanpassungskonzept für die Stadt Essen
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Schutzgebiete und Kulturobjekte gefährdet werden. HQ 100 ist auch die Grundlage, Überschwemmungs-
               gebiete festzusetzten oder vorläufig zu sichern (§ 78 WHG). Dort gelten besondere Schutzvorschriften.
               In den gesetzlich festgesetzten Überschwemmungsgebieten beschränken sich die Handlungsmöglich-
               keiten auf den Objektschutz durch die Eigenvorsorge auf betroffenen Grundstücken. Eine weitere Be-
               bauung ist ausgeschlossen. Die Überflutung der Flächen ist notwendig und vorgesehen.





                          Zone 6b: Potenzielle Überflutungsbereiche bei extremen Starkregenereignissen,
                          dargestellt ab 0,1 m Tiefe

               Für frei abfließendes Oberflächenwasser bestimmt die Regenmenge maßgeblich das Auftreten von
               freiem Oberflächenabfluss. Während der Niederschlag eines Bemessungsregens über die Kanalisation
               abgeführt wird, entstehen bei Extremniederschlagsereignissen stark wasserführende Fließwege. Sen-
               kenbereiche sind abflusslose Vertiefungen im Gelände, die abfließende Regenmengen aufnehmen und
               bei Stark- und Extremregenereignissen voll- und überlaufen können.
               Potenzielle Belastungsbereiche finden sich dort, wo ein großes Oberflächenabflussvolumen auf Sied-
               lungen, Gebäudekomplexe oder städtische Infrastruktur trifft. Im Fall von unversiegelten Gebieten mit
               sickerfähigen Böden, hohem Oberflächenabfluss und im Bereich von abflusslosen Senken besteht mo-
               mentan potenziell noch keine Gefährdung von Infrastruktur. Bei einer geplanten Nutzungsänderung
               oder Bebauung ist aber mit einem Gefährdungspotenzial durch Überflutungen zu rechnen. Darüber
               hinaus sind kleinräumig auch Senken als Belastungsgebiete zu beachten. In solchen Senken kann das
               Wasser nur über die Kanalisation abgeführt werden. Insbesondere während intensiver Starkregenereig-
               nisse kann die überlastete Kanalisation dies nicht leisten.
               Die Starkregengefahrenkarte zeigt die durch ein Computermodell prognostizierten Fließwege und
               Überflutungen durch wild abfließendes Wasser eines Starkregens. Für die Simulation wurde ein extre-
               mer Niederschlag innerhalb kurzer Zeit (90 Liter pro Quadratmeter innerhalb einer Stunde) angenom-
               men (LANUV 2023). Die Originaldaten enthalten jeweils die maximalen Wasserstandshöhen und die
               maximalen Fließgeschwindigkeiten für ein seltenes (100-jährliches) und ein extremes Ereignis (hN = 90
               mm/qm/h) und können über separate Layer im Kartendienst (LANUV 2023) angezeigt werden.

               Maßnahmenvorschläge:

               Allgemein zusammengefasst sind in den ausgewiesenen Belastungsbereichen, in denen eine hohe Über-
               flutungstiefe zur Gefährdung von Infrastruktur führen kann, neben technischen Maßnahmen des Ob-
               jektschutzes Maßnahmen erforderlich, die die Abflussmenge reduzieren und Abflussspitzen durch ver-
               zögerten Abfluss verringern. Dazu gehören in erster Linie:

                     möglichst Entsiegelung und Begrünung der hoch versiegelten Bereiche zur Reduzierung des
                      Oberflächenabflusses und Verbesserung des Stadtklimas
                     Retentionsmaßnahmen in Form von Überflutungsflächen mit Entlastungspotenzial für extreme
                      Regenereignisse (multifunktionale Flächen)
                     Retentionsmaßnahmen auf dem eigenen Grundstück in Form von Überflutungsflächen zur
                      temporären Zwischenspeicherung des Wassers, das nach dem Ereignis wieder über das Kanal-
                      netz ablaufen kann (bereits geregelt durch DIN 1986-100, „Überflutungs- und Überlastungs-
                      nachweisnachweis“ für Grundstücksgrößen ab 800 m²)

               Durch Entsiegelungs- und Begrünungsprogramme kann jeweils auch eine Verbesserung des Stadtklimas
               erreicht werden. Multifunktionale Überflutungsflächen sollten mit stärker begrünten und entsiegelten
               Stadtbereichen einhergehen. Ein bewusstes Wasserwegenetz steigert die Wohnqualität und bietet
               gleichzeitig Möglichkeiten für eine gezielte Ableitung des Direktabflusses. Untersuchungen zeigen je-
               doch deutlich, dass Begrünungs- und Entsiegelungsmaßnahmen auf die Direktabflussmenge von selte-
               nen Starkregenereignissen nur eine verhältnismäßig geringe Auswirkung haben. Als Anpassungsmaß-
               nahme an Starkregen haben sich Retentionsmaßnahmen in Form von multifunktionalen Flächen als
               sehr effektiv erwiesen. Entsiegelte und begrünte Flächen entfalten ihre Wirksamkeit vor allem in ihrer
               alltäglichen Wirkung. Neben einer deutlichen Aufwertung des innerstädtischen Klimas wird die



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