Page 20 - Integriertes Klimafolgenanpassungskonzept für die Stadt Essen
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zu optimieren. Außerhalb des Siedlungsraums sind auch Wälder und landwirtschaftliche Flächen durch
eine Zunahme der Trockenheit betroffen. Eine Verschneidung von Gefährdung durch Trockenheit und
Nutzungstypen, z. B. Wald kann jederzeit herangezogen werden, um eine themenbezogene Beurteilung
durchführen zu können.
2.4 Untersuchungen zum Überflutungs- und Überschwemmungsrisiko
Im Zuge des Klimawandels gilt eine Zunahme außergewöhnlicher und extremer Starkregenereignisse
als sehr wahrscheinlich. Extreme Niederschlagsereignisse sind meist räumlich begrenzt und lassen sich
äußerst schwer vorhersagen. Um jedoch gezielt Vorsorge zu treffen, müssen zunächst besonders risiko-
behaftete Bereiche identifiziert werden.
Besondere Auswirkungen für die Siedlungswasserwirtschaft wird das zukünftige Niederschlagsverhal-
ten haben. Dazu zählen neben den extremen Niederschlägen auch die erwarteten wärmeren und nie-
derschlagsreicheren Wintermonate. Dies kann besonders in Gebieten mit grundsätzlich hohem Grund-
wasserstand zu einer Verschärfung der Wasserentsorgung führen. Gebiete, die bis jetzt noch ohne Ent-
wässerungspumpwerke auskommen, könnten bei geringem Grundwasserflurabstand überschwemmt
werden. Aktuelle statistische Untersuchungen der Niederschlagsdaten in Deutschland für die Jahre
1951 bis 2020 zeigen deutlich, dass Starkregenereignisse zunehmend häufiger auftreten und die statis-
tischen Wiederkehrintervalle nur noch bedingt gültig sind (DWD 2023).
Mit Hilfe von Klimamodellen können keine Aussagen über die genaue Veränderung der Häufigkeitsver-
teilung von extremen Starkregen getroffen werden. Im Zuge des Klimawandels werden aber sowohl
Häufigkeit als auch Intensität von Wetterextremen wie Starkregen und Dürreperioden zunehmen. Das
Auftreten von sogenannten „Urbanen Sturzfluten“ wird sich demnach in Zukunft deutlich verstärken.
Dauerregen und Regen mit hoher Intensität können die Leistungsfähigkeit einer Stadtentwässerung
oder eines Teilsystems durch die Menge, die nach einiger Zeit nicht mehr durch das Entwässerungssys-
tem aufgenommen werden kann, übersteigen. Es fließt mehr Wasser zu, als über Regenrückhaltebe-
cken, Stauraumkanäle, Regenüberläufe, Entwässerungspumpwerke oder Kläranlagen aus dem System
abgeführt werden kann. Diese Situation wird bei starkem Dauerregen noch verstärkt, wenn die obere
Bodenzone unversiegelter Flächen wassergesättigt ist und kein Niederschlagswasser mehr aufnimmt.
Dann fließt Regenwasser auch von unbefestigten Flächen in die Kanalisation oder in tiefer liegende
Räume und Flächen ab.
Im Fall eines Regenereignisses mit extremer Intensität ist der Zeitraum des Ereignisses zwar kurz und
seine geographische Ausdehnung häufig begrenzt, es kommt aber durch die große Niederschlagsmenge
zu einer Überlastung des Entwässerungssystems, weil die anfallende Regenspende den bei der Bemes-
sung des Entwässerungssystems angesetzten Wert zeitweilig wesentlich übersteigt. In diesem Fall kön-
nen Straßen- und andere Entwässerungseinläufe eine solche extreme Niederschlagsmenge meist nicht
bewältigen, so dass der Niederschlag zum großen Teil oberflächig abfließt. Es entsteht eine Sturzflut.
Dabei kann es gleichzeitig dazu kommen, dass sich urbane Entwässerungssysteme vollständig einstauen
und schließlich überlaufen. Dieser Überstau ist keine Überflutung bzw. Überschwemmung im Sinne von
Hochwasserrisiko (vgl. Definition von Hochwasser gemäß § 72 Wasserhaushaltsgesetz (WHG)), sondern
gehört zur Kanalnetzberechnung gemäß den Regeln der Technik. Die Folgen extremer Regenfälle kön-
nen also auch überlaufende Straßeneinläufe und Kanalisationsschächte, Sturzfluten auf Straßen und
anderen Verkehrsflächen und Überflutungen von Kellern und tiefliegenden baulichen Anlagen wie
Tiefgaragen, Unterführungen und Tunnel sein. Je nach anfallenden Wassermengen, Gefälle und Stau-
höhen ergeben sich hierdurch vielfältige Risiken für die Bevölkerung, für die städtische Infrastruktur
und für private Grundstücke sowie Anlagen, die es durch geeignete Maßnahmen zu beschränken gilt.
Entsprechend den Vorgaben der EG-Richtlinie über die Bewertung und das Management von Hochwas-
serrisiken (EG-HWRM-RL 2007) werden in Nordrhein-Westfalen seit vielen Jahren die Überschwem-
mungsgebiete von hochwassergefährdeten Gewässern rechnerisch ermittelt und durch ordnungsbe-
hördliche Verordnung festgesetzt bzw. vorläufig gesichert. Berechnungsgrundlage ist dabei bundesein-
heitlich ein Hochwasserereignis, wie es im statistischen Mittel einmal in 100 Jahren zu erwarten ist. Die
Ausweisung von Überschwemmungsgebieten gehört zu den strategischen Vorsorgemaßnahmen im
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