Page 63 - Essener_Stadtmagazin_2024_02
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KULINARIK
Auf Bali geboren,
in Essen groß gemacht
Mit welcher Geschäftsidee lässt sich so
viel Geld verdienen, um für immer auf
Bali zu leben? Dass diese Frage mal zur
Gründung eines erfolgreichen Unterneh-
mens in Essen führen sollte, hätte Fethi
Ayari, Gründer von „Habeez“, wohl da-
mals selbst nicht gedacht. Tatsächlich ist
die Idee für das Unternehmen während
eines Auslandssemesters seines „Inter-
national Marketing“-Studiums auf Bali
entstanden. „Das war so schön da, alle
haben sich gefragt, was sie im Leben ma-
chen müssen, um hier zu bleiben“, sagt
der charismatische Gründer im Gespräch
mit dem Essen-Magazin. Bei Fethi war es
die Idee, orientalisches Essen in hoher
Qualität anzubieten und in einem Laden Eines von Fethis Lieblingsgerichten im Sommer: frischer Tabouleh
zu präsentieren, in dem sich jeder wohl-
fühlt. Der gebürtige Altenessener hat zwar zig, dass wir kaum richtig arbeiten konn- nutzt werden. Dafür weiß ich jetzt, wie
tunesische Wurzeln, seine Vorliebe für ten. Aber das Konzept kam direkt richtig man historischen Lehmputz verwendet
diese Küche wurde ihm allerdings nicht gut an. Das Feedback unserer Gäste hat und wo man ihn bekommt“, sagt Fethi mit
in die Wiege gelegt. „Bei meinem Aufent- mir in der Zeit unglaublich viel Kraft ge- einem lauten Lachen. Im Juni 2019 war es
halt in Indonesien haben wir des Öfteren geben. Umbau und Betrieb des Ladens dann soweit. Im heißesten Sommer der
Orientalisch gegessen. Ich war fasziniert haben wir komplett alleine gestemmt. Geschichte wurde in Werden der zweite
von der Einfachheit der Gerichte, die es Ich habe damals so gut wie jeden Gefal- Habeez-Standort erö net. „Wir sind ein-
so seit Jahrhunderten gibt und die heute len eingefordert, den ich bei Freunden fach rein und haben aufgemacht, um zu
immer noch unverändert gut sind. Diese und Familie gut hatte“, sagt Fethi lachend. schauen, was passiert. Mit dem, was dann
Gerichte nachzukochen, hat mir extrem „Alleine hätte ich das niemals gescha t.“ auf uns zurollte, hätten wir niemals im
viel Spaß gemacht, also habe ich mein Mit der wachsenden Bekanntheit von Leben gerechnet.“ Bereits nach wenigen
Gastrokonzept um diese Küche herum Habeez wuchs auch die Notwendigkeit, Stunden waren die Vorräte aufgebraucht,
entwickelt.“ Bis es zur Realisierung kam, den ersten Laden zu vergrößern, vor al- die Küche in Rüttenscheid musste stetig
dauerte es aber noch. Fethi ist ausgebil- lem als zum Tagesgeschäft immer mehr nachliefern und nach Feierabend war das
deter Veranstaltungskaufmann, hat sein Cateringanfragen kamen. 2018 bot sich gesamte Team vollkommen fertig. „Wir
darau olgendes Studium abgeschlossen dann die Chance, die frühere Pizzeria haben uns nachts gegen 2 Uhr getro en,
und wollte im Marketing erstmal arbei- nebenan zu übernehmen und den Laden um das Essen vorzubereiten, wir machen
ten. „Ich hatte das erste Mal Geld auf dem so zu vergrößern. Der nächste Umbau in ja täglich alles frisch. Dann ging es in die
Konto“, erinnert er sich lachend. „Ich war Eigenregie stand also an. Gut, dass Fethi beiden Läden und nach Feierabend ha-
aber nicht glücklich. Meine Frau hat mir damit nicht mehr ganz alleine war. Sein ben wir sogar noch selbst geputzt, weil
dann irgendwann gesagt: ‚Dann mach Mitarbeiter Franz Schäfer wurde zum wir uns nach den teuren Umbauten noch
doch einfach, was dich glücklich macht.‘ Kompagnon und beide wuppten den keine Putzleute leisten konnten. Das war
Das war sozusagen mein Freibrief und ich Umbau gemeinsam mit Freunden und eine unfassbar wilde Zeit, und das bei weit
holte das auf Bali geschriebene Konzept der Familie. „Durch einen glücklichen mehr als 30 Grad am Tag.“ Im Nachhinein
aus der Schublade.“ Sich mit Falafeln und Zufall haben wir uns dann noch mehr ist Fethi froh, diese Zeit überstanden zu
Hummus in einer multikulturellen Stadt Arbeit aufgehalst. Eine Immobilienbe- haben, vor allem, weil er kaum bei der Fa-
wie Essen abzuheben, ist allerdings nicht sitzerin aus Werden hatte unser Essen bei milie sein konnte. Doch auch das hat sich
besonders leicht. „Deshalb war mir wich- einem Catering probiert und war begeis- geändert. Vom Selbstständigen ist Fethi
tig, dass wir die Qualität unserer Gerichte tert vom Konzept. Sie fragte uns deshalb, zum Unternehmer gereift. In Düsseldorf
immer sicherstellen. Um das zu scha en, ob wir in Werden eine weitere Filiale er- erö net er in Kürze den nächsten Laden,
habe ich etliche Haushalts- und Feinwaa- ö nen wollen. Wir haben uns die frühere das Catering ist extrem gewachsen und
gen verschlissen. Ich wollte, dass die Zu- Gaststätte angeschaut und waren sofort professionalisiert worden, in der Max-
taten der Rezepte auf das Gramm genau Feuer und Flamme. Im Nachhinein die straße gibt es mittlerweile Büros und eine
festgehalten sind. Meine Rezepte habe beste geschäftliche Entscheidung meines riesige Produktionsküche, um die Filialen
ich dann an Freunden und der Familie Lebens.“ Also bauten Fethi und Franz di- zu beliefern und Habeez hat mittlerweile
getestet und permanent nachjustiert, bis rekt den zweiten Laden komplett um und rund 100 Angestellte. Was sich nicht ge-
Habeez-Gründer Fethi Ayari der heutige ‚Habeez‘- Geschmack perfekt lernten gleich noch was fürs Leben: „Wir ändert hat, ist Fethis Liebe zum Detail
in seinem Büro, das im war.“ Mit den fertigen Rezepten begann hatten leider keinen Plan vom Denkmal- und den Rezepten: „Über die wacht aber
gleichen Design wie seine 2016 dann eine ziemlich rasante Reise. schutz und mussten daher gleich zwei- mittlerweile unsere Küchenche n Alhem.
Filialen gehalten ist Den ersten eigenen Laden erö nete Fethi mal verputzen. Der schön verputzte Sie ist ein wahrer Traum, der täglich
in Rüttenscheid. „Der war noch so win- Rigips durfte dort nämlich gar nicht ge- dabei hilft, meinen weiterzuleben.“
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