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DER WEG ZUM BUNDESINSTITUT FÜR FOTOGRAFIE (8) FOTOSTADT ESSEN DER WEG ZUM BUNDESINSTITUT FÜR FOTOGRAFIE (9) FOTOSTADT ESSEN
die Geschichte und Kultur der Region seit dem 19. Jahrhundert nach- ausreichen. Die Studie geht von einem Betrag von rund 125 Millionen
vollziehbar machen. Das Museum Folkwang hat neben herausragen- Euro aus. Deshalb wäre es gut, wenn das Projekt im Koalitionsvertrag der
den Einzelstücken aus der Frühzeit der Fotografie auch verschiedene nächsten Bunderegierung aufgeführt und finanziell abgesichert würde.
Werkkomplexe künstlerischer Fotografie von den 1920ern bis in die Das wäre jedenfalls meine Idealvorstellung. Und am Ende entscheidet
Gegenwart – eine wirklich wertvolle und auch aus wissenschaftlicher der Bund über den Standort, denn es ist ja ein Bundesinstitut – wenn
Perspektive sehr aufschlussreiche fotografische Sammlung. Solche auch im Einvernehmen mit dem Land. Deshalb haben wir das im August
Fragen sind Gegenstand der Konzeption des Instituts, die noch im Detail nicht übers Knie gebrochen, eine solche Entscheidung muss gut
erarbeitet werden muss. Wir haben als Grundlage das Gutachten der vorbereitet sein.
von Monika Grütters beauftragten Expertengruppe aus dem März 2020,
das skizziert hat, auf welchen Feldern ein solches Institut arbeiten
müsste. Das ist nur der Anfang, das muss nun konkretisiert werden. Ist der nächste Schritt im Verfahren, dass es in den Koalitionsvertrag aufgenommen
wird? Oder ist da auch noch ein neuer Bundestagsbeschluss notwendig?
Aber es gibt doch schon jetzt an verschiedenen, ja verstreuten Orten wie Leipzig, Ich bin keine Expertin für Geschäftsordnungsfragen. Aber natürlich muss
Hamburg, München oder Köln in Museen wie in Archiven Fotografienachlässe. eine Mittelerhöhung noch mal im Bundeshaushalt verankert werden,
und jeder Haushalt muss natürlich vom Bundestag beschlossen werden.
Deshalb wird es eine weitere Aufgabe sein, dass ein solches Institut Doch die Ausführung, die Umsetzung liegt bei der Exekutive, also bei der
Bundesregierung. Deshalb wäre es das Beste, wenn das Projekt samt
diese verschiedenen Einrichtungen in der gesamten Bundesrepublik Erhöhung der Projektmittel in einen Koalitionsvertrag aufgenommen
miteinander vernetzt. Auch diese müssen im Fotoinstitut sichtbar würde. Allerdings ist das nicht trivial, denn auch auf das Land kommen
werden, auch wenn die jeweiligen Sammlungen nicht „körperlich“ in diesem Fall dann noch einmal Mehrkosten in derselben Höhe zu, denn
die Finanzierung ist ja hälftig. Das wären für jede Seite noch einmal rund
Teil des Bundesinstituts sind. 20 Millionen Euro zusätzlich.
Was spricht denn aus Ihrer Sicht dafür, dass ein solches Institut in Nordrhein- Und wer wird dann am Ende die Standortfrage entscheiden?
Westfalen angesiedelt wird?
Da muss man einen Konsens zwischen Bund und Land finden. Und
Nordrhein-Westfalen ist ein hervorragender Standort für dieses das ist, auch wenn das in den öffentlichen Scharmützeln um die Frage
manchmal etwas aus dem Blickfeld verschwindet, am Ende vor allem
Bundesinstitut für Fotografie und deshalb freut es mich sehr, dass sich eine Sachfrage, die mit inhaltlichen Argumenten zu klären ist.
die Expertenkommission deutlich dafür ausgesprochen hat, es auch
hier anzusiedeln. In Nordrhein-Westfalen hat sich eine sehr profilierte Es geht um ein Bundesinstitut, das optimal aufgestellt werden
Fotoszene im weitesten Sinne ausgebildet. Neben den bereits muss, und da ist noch etliches zu tun. Ganz entscheidend ist
erwähnten Sammlungen und Archiven gibt es allein in Essen noch das die richtige Konzeption.
Historische Archiv Krupp und natürlich die Folkwang Universität der
Künste mit der renommierten Professur für „Theorie und Geschichte Sehen Sie die Gefahr, dass das Projekt auf die lange Bank geschoben werden könnte?
der Fotografie“. Diese Frage ist so kurz nach der Bundestagswahl nicht seriös zu beant-
worten. Ich hoffe, dass es gelingt, alle Akteure, die am Ende darüber zu
bestimmen haben und von denen wir ja noch nicht wissen, wer sie sein
Darüber hinaus gibt es in Köln die SK-Stiftung sowie das Museum werden, genauso vom Projekt zu überzeugen, wie wir es sind.
Ludwig mit seiner hochkarätigen Fotografiesammlung. Die Kunstaka-
demie in Düsseldorf und die Folkwang Universität der Künste in Essen
sind zwei der bedeutendsten Ausbildungsstätten für künstlerische
Fotografie überhaupt. Um sie herum sind große Fotoszenen entstan-
den. Nordrhein-Westfalen hat also ein dichtes Umfeld für ein solches
Institut, aber es muss auch klar sein, dass es eine Einrichtung für die
gesamte Bundesrepublik ist.
Neben dem Expertengutachten gab es auch noch eine Machbarkeitsstudie im
Auftrag der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, Frau Monika Grütters,
und beide haben sich recht deutlich für den Standort Essen ausgesprochen. Ist damit
eine Entscheidung vorweggenommen oder sehen Sie die noch vollkommen offen?
Eine definitive Standortentscheidung ist bisher nicht getroffen worden,
aber natürlich haben die Empfehlungen der Expertinnen und Experten
Gewicht. Was man aber jetzt sicher schon sagen kann angesichts dessen,
was das Machbarkeitsgutachten zu den baulich-technischen Anforderun-
gen und zum Personalbedarf ausführt, ist: Die vom Haushaltsausschuss
des Bundestages aufgerufenen 41,5 Millionen Euro, für die wir als Land
eine Kofinanzierung in gleicher Höhe zugesagt haben, werden nicht © BETTINA ENGEL-ALBUSTIN/MKW 2021