Page 76 - Essener Stadtmagazin_4_2025
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ZU HAUSE IN ESSEN

                      FAMILIEN IM



                      GROSSFORMAT







                      Wie Peter Wieler mit puristischen Porträts über 600 Menschen verewig-

                      te, Alltägliches in Kunst verwandelte – und warum sein nächstes Projekt
                      internationalen Familien eine Bühne für Nähe, Vielfalt und Zusammen-
                      halt gibt.

                      Text: Sebastian Campos Schwermann | Fotos: Peter Wieler, Georg Lukas




































                      Oberbürgermeister Thomas Kufen zückt die Kamera beim Shooting: Ein seltener Moment, in dem
                      Peter Wieler selbst vor der Linse steht.



          Peter Wieler ist vieles: Fotograf, Netzwerker, Erzähler. Er hat Pro-  und begann, Männer mit ihren Söhnen zu porträtieren. Heraus kam
          minente wie Angela Merkel, Karl Lagerfeld oder Udo Lindenberg   ein erstes Buch mit 85 Familien – ein puristisches Werk, das sofort
          vor der Linse gehabt. Doch seine Herzensprojekte drehen sich nicht   Resonanz fand.
          um Stars und Glamour, sondern um das Leben selbst. Mit „Väter &   Die Arbeitsweise ist dabei bewusst reduziert: dunkler Hintergrund,
          Söhne“ und „Mütter & Töchter“ hat er über 600 Menschen aus dem   gleiches Licht, keine Ablenkung. „Ich wollte, dass wirklich nur die
          Ruhrgebiet porträtiert – ohne Requisiten, ohne Kulisse, einfach vor   Menschen im Vordergrund stehen“, erklärt er. Keine Kulisse, keine
          einer schlichten Leinwand. Was bleibt, sind Gesichter, Gesten, Be-  Inszenierung – nur die Beziehung zwischen zwei Generationen.
          ziehungen. Diese Serien hat er vor kurzem in einer Ausstellung als   Dass dabei Prominente wie Herbert Knebel oder Mitglieder der Fa-
          Großformat gezeigt. Es ist ein Werk über Nähe, über die unsicht-  milie Grönemeyer neben Handwerkern, Studenten oder Nachbarn
          baren Fäden zwischen Generationen – und über die Kraft, die im   auftauchen, macht den Reiz aus: Hier ist jeder gleich.
          Normalen liegt.                                     Aus dem  Erfolg des  ersten Projekts  entstand das zweite: „Mütter
          Die Idee entstand mitten in der Pandemie. „Ich hatte plötzlich kei-  & Töchter“. Dieses Mal wurde es emotionaler – und auch heraus-
          ne Aufträge mehr, und mein Sohn sowie der Sohn von Schauspie-  fordernder. „Frauen sind kritischer mit sich selbst. Viele wollten
          ler Henning Baum, der damals mein Assistent war, gaben mir den   perfekt gestylt kommen, dabei ging es mir um Authentizität“, sagt
          Impuls, endlich etwas Künstlerisches zu beginnen“, erzählt Wieler.   Wieler. Dennoch entstanden Bilder voller Zärtlichkeit und Nähe.
          Recherchen ergaben: Es gibt kaum umfassende Bildbände über Vä-  Schon bei „Väter & Söhne“ hatte er bewegende Momente erlebt –
          ter und Söhne. Also spannte der Essener Fotograf sein Netzwerk auf   etwa, als ein Großvater nach dem Shooting zu weinen begann, weil


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