Page 33 - Essener Stadtmagazin_2_2025
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KULTUR
         Die Legende von Ochi







          Das Spielfilmdebüt von US-Musikvideoregisseur Isaiah Saxon lässt mit viel Hingabe und hand-
          gemachten Effekten die großen Familien-Abenteuerfilme der 1980er-Jahre wiederaufleben. In den
          tiefen Wäldern der Karpaten schickt er Helena Zengel und ein fantastisches Tierwesen auf eine
          skurrile wie erkenntnisreiche Reise.



          Auf  der  fiktiven  Insel  Carpathia  lebt  die                      zwischen E.T., Fuchur und den Figuren von
          junge Yuri, erneut gekonnt ungezähmt und                             Jim Henson aufgewachsen sind, auch wenn
          unangepasst gespielt von „Systemsprenger“                            man ihm hier und da ansieht, dass das Bud-
          Helena Zengel. Das Leben auf der Insel ist                           get bisweilen knapp war. Die finnisch-ame-
          gefährlich, denn in den Wäldern leben wil-                           rikanisch-britische Produktion erzählt ihre
          de Tiere, die Ochi. Yuris Vater Maxim, Wil-                          zeitlose und universale Geschichte in fami-
          lem Dafoe ist ein verschrobener Einzelgän-                           lienfreundlichen 96 Minuten und verzichtet
          ger, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht                           bewusst auf übermäßig traurige oder be-
          hat, die Ochi zu bekämpfen. Dafür bildet                             drohliche Szenen. Erholsam ist, dass hier
          er die Jungen aus dem Dorf zu kleinen Sol-                           Kinder, die im Wald leben, nicht blitzsauber
          daten aus. An deren Spitze steht Ziehsohn                            daherkommen, dass die pubertierende Hel-
          Petro, Finn Wolfhard aus „Stranger Things“.                          din strähnige Haare und Pickel haben darf,
          Nach einer nächtlichen Jagd gerät ein Ochi-                          und auch die Eltern in Optik und Handeln
          Junges in eine von Maxims Fallen. Yuri, die                          weit entfernt von perfekt sind. So bleibt
          ein inniges Verhältnis zu allen Tieren hat,   Yuri (Helena Zengel) hat sich mit dem   diese Fantasy-Geschichte erfrischend bo-
          rettet das Baby-Ochi und beginnt zu zwei-  Ochi-Baby angefreundet.   denständig. „Die Legende von Ochi“ ist

                                            Coming-of-Age-Geschichte um einen Teen-
                                            ager, der irgendwie nicht in diese Welt passt,
                                            in der er lebt. Die Weite der Karpaten ist
                                            dabei märchenhafte und zugleich reale Ku-
                                            lisse. Die Entscheidung, alle Ochis als tat-
                                            sächliche Animatronics zu bauen und von
                                            Puppenspielern bewegen zu lassen, ist eine
                                            charmante Abwechslung zu den üblichen
                                            computergenerierten  Welten zeitgenössi-
                                            scher Filme. Die Mimik der affenähnlichen
                                            Wesen ist dabei so ausgefeilt, dass der Film
                                            oft mit wenigen Worten auskommt. Trotz-
                                            dem lässt er seine tierischen und mensch-
                                            lichen Akteure vollkommen verständlich
          Vater Maxim (Willem Dafoe) ist gerüstet   kommunizieren. Optisch ist der Film eine   Mutter Dasha (Emily Watson) hat sich von
          für den Kampf gegen die Ochi.     gelungene Zeitreise für alle, die irgendwo   den Menschen zurückgezogen.

          feln, ob diese Tiere wirklich so gefährlich                          ein kurzweiliges und gelungenes Aben-
          sind. Ohne Worte schafft sie es, mit dem                             teuer für die ganze Familie, fernab üblicher
          Jungtier, das anmutet wie eine Mischung                              Hochglanzproduktionen, mit beeindru-
          aus Baby-Yoda und Gremlin Gizmo, zu                                  ckenden Tieren, Kulissen und Darstellern.
          kommunizieren. Sie beschließt, dass es Zeit                          Ab 1. Mai im Kino.
          ist, der Herrschaft des militanten Vaters zu
          entfliehen und das Ochi zurück zu seiner                                          E M G - Fi l m e xp e r t i n
          Familie zu bringen. Auf der Reise durch die                                       Nicola Schwedt realisiert
          schroffe und fantastische Bergwelt entdeckt                                       alle touristischen Film-
          sie nicht nur ungeahnte Fähigkeiten, son-                                         projekte der Stadt. Sie
          dern auch ihre Mutter Dasha, Emily Wat-                                           gehört  zum  Team  des
          son, die zurückgezogen, und nicht minder                                          Snowdance Independent
          verschroben als Vater Maxim, in einer Hütte                                       Film Festivals und küm-
          in den Bergen lebt.                                                  mert sich als Partnerin der Film- und Me-
          Mit „Die Legende von Ochi“ erzählt Regis-  Adoptivbruder Petro (Finn Wolfhard) auf   dienstiftung NRW um Film- und Fernseh-
          seur und Autor Isaiah Saxon eine klassische     der Suche nach Yuri  produktionen in Essen.


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