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KULTUR
Die Legende von Ochi
Das Spielfilmdebüt von US-Musikvideoregisseur Isaiah Saxon lässt mit viel Hingabe und hand-
gemachten Effekten die großen Familien-Abenteuerfilme der 1980er-Jahre wiederaufleben. In den
tiefen Wäldern der Karpaten schickt er Helena Zengel und ein fantastisches Tierwesen auf eine
skurrile wie erkenntnisreiche Reise.
Auf der fiktiven Insel Carpathia lebt die zwischen E.T., Fuchur und den Figuren von
junge Yuri, erneut gekonnt ungezähmt und Jim Henson aufgewachsen sind, auch wenn
unangepasst gespielt von „Systemsprenger“ man ihm hier und da ansieht, dass das Bud-
Helena Zengel. Das Leben auf der Insel ist get bisweilen knapp war. Die finnisch-ame-
gefährlich, denn in den Wäldern leben wil- rikanisch-britische Produktion erzählt ihre
de Tiere, die Ochi. Yuris Vater Maxim, Wil- zeitlose und universale Geschichte in fami-
lem Dafoe ist ein verschrobener Einzelgän- lienfreundlichen 96 Minuten und verzichtet
ger, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht bewusst auf übermäßig traurige oder be-
hat, die Ochi zu bekämpfen. Dafür bildet drohliche Szenen. Erholsam ist, dass hier
er die Jungen aus dem Dorf zu kleinen Sol- Kinder, die im Wald leben, nicht blitzsauber
daten aus. An deren Spitze steht Ziehsohn daherkommen, dass die pubertierende Hel-
Petro, Finn Wolfhard aus „Stranger Things“. din strähnige Haare und Pickel haben darf,
Nach einer nächtlichen Jagd gerät ein Ochi- und auch die Eltern in Optik und Handeln
Junges in eine von Maxims Fallen. Yuri, die weit entfernt von perfekt sind. So bleibt
ein inniges Verhältnis zu allen Tieren hat, Yuri (Helena Zengel) hat sich mit dem diese Fantasy-Geschichte erfrischend bo-
rettet das Baby-Ochi und beginnt zu zwei- Ochi-Baby angefreundet. denständig. „Die Legende von Ochi“ ist
Coming-of-Age-Geschichte um einen Teen-
ager, der irgendwie nicht in diese Welt passt,
in der er lebt. Die Weite der Karpaten ist
dabei märchenhafte und zugleich reale Ku-
lisse. Die Entscheidung, alle Ochis als tat-
sächliche Animatronics zu bauen und von
Puppenspielern bewegen zu lassen, ist eine
charmante Abwechslung zu den üblichen
computergenerierten Welten zeitgenössi-
scher Filme. Die Mimik der affenähnlichen
Wesen ist dabei so ausgefeilt, dass der Film
oft mit wenigen Worten auskommt. Trotz-
dem lässt er seine tierischen und mensch-
lichen Akteure vollkommen verständlich
Vater Maxim (Willem Dafoe) ist gerüstet kommunizieren. Optisch ist der Film eine Mutter Dasha (Emily Watson) hat sich von
für den Kampf gegen die Ochi. gelungene Zeitreise für alle, die irgendwo den Menschen zurückgezogen.
feln, ob diese Tiere wirklich so gefährlich ein kurzweiliges und gelungenes Aben-
sind. Ohne Worte schafft sie es, mit dem teuer für die ganze Familie, fernab üblicher
Jungtier, das anmutet wie eine Mischung Hochglanzproduktionen, mit beeindru-
aus Baby-Yoda und Gremlin Gizmo, zu ckenden Tieren, Kulissen und Darstellern.
kommunizieren. Sie beschließt, dass es Zeit Ab 1. Mai im Kino.
ist, der Herrschaft des militanten Vaters zu
entfliehen und das Ochi zurück zu seiner E M G - Fi l m e xp e r t i n
Familie zu bringen. Auf der Reise durch die Nicola Schwedt realisiert
schroffe und fantastische Bergwelt entdeckt alle touristischen Film-
sie nicht nur ungeahnte Fähigkeiten, son- projekte der Stadt. Sie
dern auch ihre Mutter Dasha, Emily Wat- gehört zum Team des
son, die zurückgezogen, und nicht minder Snowdance Independent
verschroben als Vater Maxim, in einer Hütte Film Festivals und küm-
in den Bergen lebt. mert sich als Partnerin der Film- und Me-
Mit „Die Legende von Ochi“ erzählt Regis- Adoptivbruder Petro (Finn Wolfhard) auf dienstiftung NRW um Film- und Fernseh-
seur und Autor Isaiah Saxon eine klassische der Suche nach Yuri produktionen in Essen.
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