Page 63 - Fotostadt Essen 2
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 FOTOSTADT ESSEN
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 IM PORTRÄT
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        KRUPP-STIPENDIAT:INNEN
        seit 1982
        Seit 1982 vergibt die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung
        in Zusammenarbeit mit der Fotografischen Sammlung am Museum
        Folkwang die Stipendien für „Zeitgenössische deutsche Fotografie“.
        Für künstlerische Karrieren schafft es das Wertvollste, was sich
        wünschen lässt: finanzielle Planbarkeit, große Aufmerksamkeit,
        wichtige Ermutigung. Wer heute zu der Liste von Stipendiatinnen und
        Stipendiaten greift, hält zugleich ein eindrucksvolles Verzeichnis der
        jüngeren und jüngsten deutschen Fotografie in der Hand.




                                                    Andreas Gursky
                                                    Universität, Bochum, 1988                            Jan Paul Evers
                                                    © ANDREAS GURSKY/COURTESY SPRÜTH MAGERS/     Resistente Residenz, 2019
                                                    VG BILD-KUNST, BONN, 2021                        © JAN PAUL EVERS


















 Da kamen die Jahreszahlen „1953“ für    um Neues entstehen zu lassen, „Dinge mitschwingen zu
 Nimmerfall zusammen – einmal beim    lassen, die nicht sichtbar sind. Auf subtile Weise“. „Sogenannte
 Erbau des RAND-Gebäudes, einmal bei der    objektive Rekonstruktionen sind zu hinterfragen“, sagt sie.
 Unterschiedliche Zeitebenen,  Mehrzeitlichkeiten verschränken
 Neutra-Idee. So entstand ihr Projekt, das   sich ineinander, alles mit computer-generierten Bildern. Insofern   André Gelpke
        Essen, Karneval, 1985
 sie im Rahmen ihres Krupp-Stipendiums   ist sie keine klassische Fotografin, sondern eine Bildschafferin   © ANDRÉ GELPKE
 umsetzte: „Unintentional Monument“, das   mit zeitgenössischen Mitteln.  1982    Roland Kopp, Kassel  1989   Pidder Auberger, Düsseldorf
 zufällige, unbeabsichtigte Monument.  Es gibt vieles, was das bloße Auge nicht sieht. Karina Nimmerfall      Michael Strauss, Essen     Volker Heinze, Essen  2002   Riccarda Roggan, Leipzig
 zeigt die komplexe Vielschichtigkeit dahinter in ihren Arbeiten.      Gosbert Adler, Essen     Matthias Wähner, München     Oliver Helbig, Düsseldorf
 Ihre Frage, die sie beschäftigt, ist immer  wieder: „Wie kann   Mit zukunftsweisenden Mitteln.   Jürgen Junker-Rösch, Berlin  2004   Sven Johne, Leipzig
 man   heute mit klassischen Dokumentationen umgehen?“    1983    Christa Mayer, Berlin  1990   Jochen Lempert, Bonn     Christopher Muller, Düsseldorf

 Ihre  ganz einfache  Antwort:  Sie stellt  sie  in  Frage!     Spurensuche: Mit einer Simulation auf dem iPad vollzieht       Hermann Stamm, Kulmbach     Andreas Gursky, Düsseldorf  Claudia Angelmaier, Berlin
 Was  war  wirklich?  Was heißt das?  Was ist der Subtext?    Nimmerfall nach, wie Bewegungsmuster der Beschäftigten         Zoltan Jókay, Eichenau  2006   Eva Bertram, Berlin

 Wo sollen wir hinblicken und hinfühlen? Welche Geschichten   ausgesehen haben könnten, die sich in den Räumen des   1984   Hans-Martin Küsters,   1991   Ulrich Gambke, München
 werden nicht erzählt? Und daraus entwickelt sie neue   RAND-Gebäudes aufhielten.  Herzogenrath     Axel Grünewald, Bielefeld  2008    Agata Madejska, Düsseldorf
 Perspektiven, neue Narrative, Utopien, poetische Anschauungen      Michael Schmidt, Berlin     Mischa Kuball, Düsseldorf     Judith Walgenbach, Hamburg 
 und subtile Fragestellungen. Und ihre künstlerischen        Wolfgang Voss, Essen       Natalie Czech, Berlin
 Arbeiten. Computerkunst – am Rechner entstehen neue Räume     Thomas Leuner, Berlin  1992    Manuela Burkart, Essen  2010   Thomas Mzyk, Hannover

 und  Welten.  Also das RAND-Gebäude, auch irgendwie ein     1985    Dörte Eißfeldt, Hamburg     Astrid Klein, Köln

 Mythos. Das nimmt sie sich in ihrer  Arbeit als Stipendiatin       Susanne Brügger, Köln     Armin Smailovic, München  2012   Regine Petersen, Hamburg
 (2018 – 2020) des Stipendienprogramms „Zeitgenössische deutsche   1994    Florian Schwinge, Köln     Björn Siebert, Leipzig
 Fotografie“ der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung   1986    Anna und Bernhard Blume, Köln     Piet Wessing, Köln  Peggy Buth, Berlin
 vor. Seit 1982 (siehe Zeitleiste) hat es bereits viele Fotograf:innen      Erasmus Schröter, Hamburg  2014   Arwed Messmer, Berlin

 in die Lage versetzt, ein neues Projekt zu finanzieren.     Elfi Fröhlich, Berlin  1996    Thomas Demand, Berlin
                                                    Christine Erhard, Düsseldorf  2016   Jan Paul Evers, Köln
 Also Achtung. Fake! Ganz bewusst. Die Räume, die wir hier in     1987   Cécile Bauer, Düsseldorf  1998   Frank Müller, Jena     Sebastian Stumpf, Leipzig
                André Gelpke, Düsseldorf

 den Renderings sehen, haben so nie existiert. Analog nicht. Aber      Rudolf Herz, München     Ralf Peters, Lüneburg  Michael Danner, Berlin
 virtuell. Sie sind entstanden auf Grundlage echter Baupläne, Fotos              2018   Karina Nimmerfall, Berlin

 und Dokumentationen.  Alles  Täuschung.  Alles per Computer   1988   Annette Frick, Köln  2000   Marc Räder und Jürgen Schwämmle,
 generiert, ganz raffiniert. Nimmerfall erzählt Geschichten      Rudolf Bonvie, Rösrath  Berlin  2020   Kristina Jurotschkin, Münster
 von „What if“. Sie benutzt Historie, also recherchierte Fakten,      Joachim Brohm, Leipzig     Sabine Schründer, Berlin     Talisa Lallai, Düsseldorf
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