Page 68 - Essener Stadtmagazin_3_2025
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ZU HAUSE IN ESSEN
       e            in Sommertag im Stadtgar-











                    ten, Menschen sitzen auf den
                    Parkbänken, Kinder  spielen
          auf  dem  Spielplatz,  ein  paar  Kanadagänse
          watscheln um den Teich. Aus dem Aalto-
          Theater hört man hin und wieder Teile der
          Gesangsproben nach außen dringen. Damit
          dieses idyllische Miteinander nicht unlieb-
          sam gestört wird, sind Michael und Chris-
          tian vom Kommunalen Ordnungsdienst der
          Stadt Essen unterwegs. Im Gegensatz zur
          Polizei, die Gesetzesverstöße ahndet, küm-
          mert sich das Ordnungsamt um Ordnungs-
          vergehen,  gegen  die die  Polizei  gar nicht
          vorgehen darf. An einem Sommertag wie
          diesem ist eine der beliebtesten Ordnungs-
          widrigkeiten in der Stadt wildes Grillen an
          Orten außerhalb der gekennzeichneten
          Zonen. Aber es gibt so viel mehr, um das die
          Kollegen sich kümmern. Dabei haben sie
          mehr Befugnisse, als so mancher denkt. Um
          ihre Autorität zu verstärken, sind sie an vier
          Tagen pro Woche mit Hund Rage unterwegs.
          Rage, dessen etwas bedrohlicher Name
          „Wut“ oder „Zorn“ bedeutet, ist ausgestat-  Stadtgartenbesucherin Gaby nutzt die Chance und befragt Christian und
          tet mit einem Brustgeschirr und einem so-   Michael zum Reglement der Behindertenparkplätze. Rage fixiert derweil
          genannten Stoßkorb. Was anmutet wie ein     Spannenderes.
          überdimensionierter Maulkorb, dient auch

                           dazu, dass Rage im Ernstfall Leute damit stoßen kann. Belgische
                           Schäferhunde waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts ausschließlich
                           Arbeitstiere, im Einsatz, um Schafe zu hüten. Rage hütet das Gesetz.
                           Er und sein Hundeführer Florian sind nicht direkt beim Ordnungs-
                           amt beschäftigt. Die beiden sind ausgeliehen von der privaten Si-
                           cherheitsfirma ICTS Protect Germany. Auf diese Weise braucht das
                           Ordnungsamt keine eigene Hundestaffel zu unterhalten. Florian hat
                           die Hundestaffel von ICTS in Essen aufgebaut. Rage hat er selbst
                           zwei Jahre lang ausgebildet, die Prüfung zum Diensthund haben die
                           beiden schließlich mit 98 von 100 Punkten abgelegt. Wer Rages Kör-
                           perspannung gesehen hat, die Kraft, mit der Florian ihn mitunter
                           festhält und seine Aufmerksamkeit, mit der er die unterschiedlichs-
                           ten Dinge fixiert, der weiß, dass er nicht möchte, dass Rage wütend
                           wird. Und das ist genau das Ziel. „Wenn ich mit dem Hund dazu
                           komme“, erklärt Florian, „gehen die Maßnahmen des Ordnungsam-
                           tes einfach schneller.“ Wie ich mir das vorstellen kann? „Naja, die
                           Leute sind einfach sofort eingeschüchtert“, erklärt Christian. „Wenn
                           einer liegt, wo er nicht liegen soll, steht der sehr viel schneller auf,
                           wenn Rage dabei ist“, berichtet Michael. „Grundsätzlich begegnen
                           uns die meisten Menschen mit Respekt“, erklärt er, „aber natürlich
                           gibt es wie überall im Leben auch immer welche, die das nicht tun.
                           Von denen hören wir oft ‚Ihr dürft eh nix!‘, was nicht stimmt. Wir
                           dürfen sehr wohl Ausweise kontrollieren, wir dürfen auch festhalten
                           und sogar in Gewahrsam nehmen, wenn es erforderlich ist.“ Um sol-
                           che Maßnahmen geht es ganz und gar nicht, als Passantin Gaby sie   Nach Feierabend lebt Rage bei Florian zu
                           anhält, weil sie eine Frage zur Nutzung der Behindertenparkplätze   Hause wie ein ganz normaler Hund.


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