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KULTUR


 Lee Miller (Kate Winslet) sitzt sichtlich ge-  gangszitate. In Frankreich verbringt Lee Mil-  glorreichen Sieg der Alliierten in ihren Bil-  war, ist bis heute beispielhaft. Kate Winslet   ren, er weidet das Grauen nicht aus, wie so   rühmt sind, verdankt sie ihrem Sohn Antony
 altert in den 1970er-Jahren in einem Sessel.   ler freizügig und ausgelassen einen letzten   dern plötzlich anders, zeigt Schwerstverletz-  spielt sie auf eine Weise, dass es trotz des   viele andere Filme es tun. Man glaubt dieser   Penrose, der ihr Archiv aufgebaut hat und
 Ihr gegenüber ein junger Journalist (Josh   Sommer mit ihren Künstlerfreunden, darun-  te und Zerstörung. Weil sie eh nicht aufgibt,   schweren Sujets eine Freude ist, zuzusehen.   Figur Lee Miller zu jeder Zeit, dass sie diesen   es bis heute verwaltet. Er war es, der Kate
 O’Connor – der junge Prince Charles aus   ter Paul und Nusch Eluard, Jean und Solange   darf sie schließlich doch an die Front. Und   Ermöglicht  wird  ihr  dies  auch  durch  das   Menschen begegnet ist und ist immer wieder   Winslet und ihrem Team uneingeschränk-
 „ e Crown“). Auf dem Tisch verteilt, ihre   d’Ayen (Marion Cotillard), Man Ray und Ady   so fahren sie und Scherman immer tiefer ins   gute Drehbuch, denn der Film geht an vielen   beeindruckt, wie sie in Augenblicken, in de-  ten Zugang gab und sich mit ihr gemeinsam
 Fotogra en. Von hier aus lässt der Film Lee   Fidelin, bevor die politischen Geschehnis-  Herz der Finsternis, bis schließlich die welt-  Stellen mit den bekannten Motiven anders   nen der erste Impuls sein müsste, die Augen   der Geschichte seiner Mutter näherte. Auf
 Miller selbst ihre Geschichte erzählen, oder   se in Deutschland beginnen, alles zu über-  berühmten Bilder in Dachau, Buchenwald   um als gewohnt. An der Geschichte der Be-  zu schließen und wegzurennen, das genaue   die Frage, warum noch niemand einen Film
 zumindest Teile daraus. Im Original ist der   schatten. Hier lernt die New Yorkerin ihren   und Hitlers Wohnung entstehen. Absolut   freiung durch die Alliierten haben sich schon   Gegenteil tut. Sie nimmt ihre Kamera und   über Lee Miller gemacht habe, sagte er ihr,
 Titel des Films einfach „Lee“, was schon an-  zweiten Ehemann, den Briten Lord Penrose   originalgetreu bauen Regisseurin Ellen Ku-  viele abgearbeitet, das Grauen an der Front   geht mitten rein, um der Welt zu zeigen, was   dass eine Kiste voller Drehbücher auf dem
 deutet, wie persönlich dieses Portrait jener   (Alexander Skarsgård), kennen. Seinetwe-  ras, die ursprünglich Kamerafrau war („Ver-  des Zweiten Weltkriegs und auch in den Ver-  sie sehen muss. Lange hat es gedauert, bis   Dachboden stünde, aber keiner der bislang
 Frau ist, die in einer Zeit lebt und wirkt, in   gen geht sie nach England und arbeitet unter   giss mein nicht“), und Kameramann Pawel   nichtungslagern ist  lmisch alles andere als   ihre Fotos wirklich gezeigt wurden. Die bri-  männlichen Autoren habe sie verstanden.
 der sowohl die Fotogra e als auch das Leben   Cecil Beaton für die „Vogue“. Sie beginnt, die   Edelman („Der Pianist“) die Fotos der Lee   neu, „Die Fotogra n“ verschiebt aber ein-  tische „Vogue“ befand nicht, dass ihre Leser   „Die Fotogra n“ ist kein fulminant ausge-
 an der Front allein den Männern vorbehalten   Auswirkungen des „Blitz“ auf die englische   Miller Szene für Szene nach. Dabei ist es   fach leicht die Perspektive, genau wie Lee   solche Bilder sehen müssten. Die amerikani-  stattetes Kriegsepos, sondern eine intensive
 ist. Beides ändert sie.  Bevölkerung zu fotogra eren. Als die Alliier-  wider Erwarten gar nicht so sehr die visuel-  Miller in ihren Fotos den Blick auf das Ge-  sche „Vogue“ war mutiger und hat einen Teil   und bemerkenswert erzählte Geschichte
 „Die Fotogra n“ erzählt in Ausschnitten aus   ten  sich  aufmachen,  Europa  von  den  Nazis   le Gestaltung des Films, die in Erinnerung   schehen für immer verändert hat. So sind die   ihrer Fotos schließlich abgedruckt. Heute   über eine außergewöhnliche Frau, die allen
 Millers  Leben  und Scha en,  und  das  auch   zu befreien, will sie als Kriegsberichterstat-  bleibt. Es sind viel mehr die Erzählweise   Befreier nicht ausschließlich edle Retter. Die   gehört Lee Miller zu den wichtigsten Chro-  Widerständen trotzt und unseren Blick auf
 nur aus der Zeit vom Beginn des Zweiten   terin an die Front. Eine Forderung, die nicht   und die darstellerische Kraft des Ensembles.   Opfer werden nicht einfach als Opfer stehen   nisten des Holocaust. Dass sie bereits Jahre   die Geschichte mit ihren Bildern geprägt hat.
 Weltkriegs bis zum Ende. Zu oft hat sich die-  nur inhaltlich bei der britischen „Vogue“ für   Samberg, Skarsgård und Cotillard beeindru-  gelassen. Es sind kleine Momente, in denen   zuvor die fotogra sche Technik der Solarisa-
 se Frau neu erfunden, als dass ihre ganze Le-  Unbehagen sorgt, eine Frau an der Front ist   cken an Winslets Seite, einzig Josh O’Connor,   Lee Miller ihnen im Film eine Stimme gibt,   tion entdeckte, die lange Zeit Man Ray zuge-  EMG-Filmexpertin
 bensgeschichte in einen Film passen würde.   weder erlaubt, noch vorgesehen. Doch als   der durchaus andere Facetten zeigen kann,   eine Geschichte und ihnen somit einen Teil   schrieben wurde, ist den wenigsten bekannt,   Nicola Schwedt reali-
 Und zu eindringlich erzählt sind die Kriegs-  US-Bürgerin wird sie schließlich von der   erinnert in seinem Spiel noch ziemlich an   ihrer Würde zurückgibt. Der Film zeigt das   oder dass Pablo Picasso sie mehrfach malte.   siert alle touristischen
 jahre im Film, als dass noch andere  emen   amerikanischen „Vogue“ auf den Kontinent   seinen Prince Charles. Allen voran über-  Elend der Menschen, ohne es zu zelebrie-  Berühmt wurde sie auch nicht für ihre sur-  Filmprojekte der Stadt
 dort Platz gefunden hätten. Winslet habe be-  geschickt. Gemeinsam mit ihrem US-Kolle-  zeugt Kate Winslet als Lee Miller in allen   realistischen Arbeiten, sondern für das Foto   Essen. Sie gehört zum
 wusst kein Biopic drehen wollen. Eine weise   gen und Freund David E. Scherman (Andy   Altersklassen. Sie spielt die Fotogra n selbst-  „Die Fotografin“  von ihr in Hitlers Badewanne. Für den Dreh-  Team des Snowdance
 Entscheidung, hätte dieses packende Drama   Samberg) vom „Life“-Magazin landet sie in   bewusst, zerbrechlich, freizügig und das ehe-  Preview 17.09. um 20.15 Uhr im   tag, an dem Kate Winslet jenes Bild im Bad   Independent Film Festivals, das seit
 doch sicher an Intensität eingebüßt. Die Ge-  der Normandie. Gegen alle Widrigkeiten in   malige Model beeindruckend ungeschminkt   Astra Theater, ab 19.09. im Kino.   nachstellte, reiste eigens Annie Leibovitz ans   2023 in Essen stattfindet, und küm-
 schichte beginnt in noch fröhlichen Zeiten. „I   der reinen Männerwelt beißt sie sich durch,   und uneitel. Millers Art, sich in einer Zeit zu   Original-Fotografien von Lee Miller   Set, um das Filmen dieser Szene fotogra sch   mert sich als Partnerin der Film- und
 was good at drinking, having sex and taking   gibt den Menschen vor Ort mit ihren Fotos   behaupten, der sie mit ihrem Können und   befinden sich im Besitz des   festzuhalten – im Auftrag der „Vogue“. Dass   Medienstiftung NRW um Film- und
 pictures“ ist eines ihrer selbstbewussten Ein-  eine Stimme und erzählt den vermeintlich   ihrem Selbstverständnis Jahrzehnte  voraus   Ruhr Museums.  Lee Millers Bilder heute überhaupt noch be-  Fernsehproduktionen in Essen.












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                                                                  Tränenfilmanalyse | Augeninnendruck | Netzhautscreening


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 Sommer in Frankreich: Lee Miller (Kate Winslet, hinten rechts) lernt ihren späteren Ehemann Roland   info@optik-schuerholz.de
 Penrose (Alexander Skarsgård, hinten rechts) kennen, links von ihr Marion Cotillard als Solange d’Ayen



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