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KULTUR


          Frauen haben in Essen immer schon eine
          besondere Rolle gespielt. Von den Äbtissin-
          nen bis zum Fußball, an Pionierinnen man-
          gelt es der Stadtgeschichte nicht. Und so ist
          es höchste Zeit, eine weitere von ihnen im
          wahrsten Sinne des Wortes emporzuheben:
           ea Rasche. 1899 geboren, wurde sie als
          „Flying Fräulein“ international berühmt,
          denn sie gehörte zu den ersten Kunst ug-
          pilotinnen der Welt. Gegen alle Widerstände
          lernt sie das Fliegen am damaligen Flugha-
          fen Essen-Rotthausen – der nebenbei von
          zwei Frauen gegründet wurde. Von hier hebt
          sie ab, und schreibt Geschichte.
          Diese  Geschichte  wird  in  Essen mit  „Auf-  Bilder aus der virtuellen Welt von „Aufwind“: ein Flugzeug
          wind“, einem interaktiven Virtual-Reality-  im Jahr 1912 am Flughafen Essen-Rotthausen (oben) und
          Filmerlebnis, nun tatsächlich erlebbar. Dank   Wotan Wilke Möhring, digitalisiert als Vater der späteren
          namhafter Schauspieler und neuester Tech-  Kunstflugpionierin Thea Rasche (links). Fotografie der
          nik können Besucher bald in die Rolle der   echten Thea Rasche 1927 in ihrem Flugzeug (unten).
          jungen  ea schlüpfen. In einem aufwendi-
          gen, immersiven VR-Filmerlebnis wird für
          sie der Traum vom Fliegen wahr, und das   wurde, sind die Besucher bei „Aufwind“ die   festival nach Venedig eingeladen wurden,
          im Essen des Jahres 1912. Gegen den Willen   ganze Zeit in einem geschlossenen Raum   wo sie für den „Venice Immersive Grand
          ihres Vaters, gespielt von Wotan Wilke-Möh-  und sitzen bequem in einem Ledersessel,   Prize“ nominiert waren. Hier konnten sie
          ring, macht die junge  ea sich auf, am Flug-  der sich zuweilen bewegt. Innerhalb der   „Aufwind“ einem begeisterten Publikum
                                            virtuellen Welt jedoch bewegen sich die   präsentieren. Zurück in Deutschland ist es
                                            Zuschauer durch Essen, treffen historische   Zeit, dass „Aufwind“ eine feste Heimat be-
                                            Persönlichkeiten und überwinden Vorur-  kommt und wo anders sollte die sein, als in
                                            teile, Zeit, Raum und Schwerkraft. Alle Fi-  Essen, der Heimat von Thea Rasche, der Fi-
                                            guren wurden mit dem spektakulären „Vo-  gur, deren Geschichte erlebbar wird.
                                            luCapture“-Verfahren in einem 360°-Studio   Gemeinsam mit Historikern des Ruhr Mu-
                                            gefilmt und digitalisiert, sodass sie lebens-  seums wird aktuell ein Ladenlokal in der
                                            echt im virtuellen Raum erscheinen. „Auf-  Innenstadt eingerichtet. In einem Muse-
                                            wind“ ist nicht einfach eine VR-Experience,   umsteil können Besucher sich dann später
                                            das Projekt wurde von vornherein wie ein   Original-Exponate und -Fotos zum  ema
                                            begehbarer Film angelegt und daher von   anschauen und sich auf die Experience
                                            der Film- und Medienstiftung NRW mit   einstimmen. Anschließend wird ein kurzer
                                            340.000 Euro gefördert. Die Umsetzung ist   Einführungs lm im kleinen „Kinoraum“ die
          hafen Essen-Rotthausen, dessen Gelände   Regisseur und Autor Florian Siebert und   Geschichte der Fliegerei und ihrer Essener
          im heutigen Gelsenkirchen liegt,  iegen zu   dem Team von Neonreal so gekonnt gelun-  Pionierinnen zeigen. Nach  einer  kurzen
          lernen. Die beiden Fliegerinnen Melli Beese   gen, dass sie mit „Aufwind“ 2023 zum Film-  Einweisung wird es dann zur eigentlichen
          und Charlotte Möhring (Michelle Barthel                              Experience  gehen.  Für  eine  knappe  halbe
          und Luise Befort) bahnen sich hier gerade                            Stunde reisen die Besucher schließlich ins
          ihren Weg in der Männerdomäne der Avia-                              Jahr 1912 und über die Wolken. Obwohl in
          tion. Schauspieler, wie Moritz Führmann,                             einem Sessel sitzend, sind die Zuschauer in
          Patrick Joswig, Hendrik Heutmann und viele                           der virtuellen Welt beweglich. Sie können
          mehr verkörpern ihre Widersacher.                                    sich umsehen, ihre Welt erkunden, Gegen-
          „‚Aufwind‘ ist ein Virtual Reality-Erlebnis,                         stände anfassen und bewegen. Wer still
          das sich anfühlt und funktioniert wie ein                            sitzt und nur nach vorn schaut, verpasst so
          begehbarer Film, in dem der Zuschauer                                einiges. Ein Lenkrad am „Motion Seat“ er-
          selbst mitspielt“, erklärt Produzent Peter                           möglicht es, Fahr- und Flugzeuge zu steu-
          Marszalek von Neonreal, „die Besucher                                ern. Aber keine Sorge, „Aufwind“ ist keine
          werden Teil der Spielwelt im Jahr 1912. Die                          Achterbahnfahrt, sondern ein Erlebnis, das
          von Schauspielern verkörperten Figuren                               neue Perspektiven erö net und vor allem
          sprechen mit ihnen, Wind, Hitze oder Kälte                           fasziniert.
          sind spürbar.“ Das Eintauchen in diese Welt
          ermöglichen VR-Brillen und neueste so-                                Aufwind
          genannte „Motion Seats“, die die virtuellen                           Interaktives VR-Filmerlebnis
          Bewegungen aus der Experience körperlich                              über die Flugpionierin                           Ausgestattet mit VR-Brille, Kopfhörern
          real erfahrbar machen. Anders als bei „Es-                            Thea Rasche im Essen von 1912,                   und auf einem „Motion Seat“ sitzend,
          sen 1887“, das vom selben Team entwickelt                             ab Oktober in der Innenstadt                     können Besucher sogar fliegen


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