Page 41 - Stadtmagazin_2024_01
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KULTUR


 mit ihnen stellt sich die halbe Stadt auf
 die Hinterbeine. Während sie die Licht-
 burg gerade vor der Doppelgängershow
 gerettet haben, aber die Sanierung erst
 noch bevorsteht, beginnt der nächs-
 te Kampf. „Wir durften die Spielwoche
 noch  zu  Ende  spielen“,  erinnert  sich
 Christiane Hüls, „dann mussten wir
 von heute auf morgen hier raus.“ Das
 denkmalgeschützte Mobiliar bauen sie
 sorgfältig aus und lagern es ein, immer   Der ikonographische Kinosaal um 1930
 in der Ho nung, es irgendwann wieder
 aufbauen zu können. Einmal ist sie dann  kam sie nicht in den Vorführraum. „Ich
 noch mit Marianne Menze und einer  bin also auf mein Moped, so schnell ich
 Vertreterin der „AG Kino“ im Haus ge-  konnte nach Frohnhausen und genau
 wesen. „Wir wussten noch gar nicht, was  mit dem Ende der Eiswerbung bin ich
 passieren würde. Marianne stand im Fo-  in den Vorführraum gestürmt, um den
 yer und beredete irgendwas mit der Kol-  Film anzumachen.“ Dank der Digitalisie-
 legin. Ich stand nur im leeren Saal und  rung könnte sie den heute zur Not von
 hab fast geheult“, erzählt sie und blickt in  zu Hause aus starten. Und auch der Ton
 den Raum, in dem heute alle roten Sessel  kann mittlerweile einfacher kontrolliert
 wieder an Ort und Stelle sind, als wäre  werden. „Früher mussten wir immer
 nichts gewesen. Wie ihr ging es vielen  den Anfang des Films so lange gucken,
 in Essen. Nach unermüdlichem Einsatz  bis gesprochen wurde, erst dann konnte
 und zahlreichen Bene zaktionen waren  man im Saal die Lautstärke richtig ein-
 es schließlich die Bürger selbst, die ihr  stellen“, erklärt Christiane. Und Nicole
 Geld für das Filmstudio spendeten und  wirft ein: „Das war besonders schlimm
 anlegten, um so die am Ende noch feh-  bei ‚Jenseits der Stille‘, der lief monate-
 lenden zwei Millionen Euro aufzutrei-  lang, mehrfach am Tag. Keiner konnte
 ben. So konnte beim Wiederaufbau des  die Musik mehr hören“, erinnert sie sich
 Glückaufhauses auch das Filmstudio  lächelnd. „Clarissa, ich hab Angst!“, ruft
 originalgetreu und komplett saniert wie-  Christiane unvermittelt und beide la-
 derauferstehen. Ein weiteres Mal. Wäh-  chen schallend. „Das ist der erste Satz
 rend der Bauzeit stand Nicole oft an der  in dem Film und es dauert ewig, bis der
 Baugrube, blickte in die Tiefe und dach-  fällt“,  ucht Christiane, immer noch die
 te:  „Das  da  unten  ist  mein  Kino.“  Acht  Augen verdrehend. Erst bei diesem Satz
 Jahre sollte es dauern von der Stilllegung  konnte sie den Ton justieren und den
 bis zur Wiedererö nung 2009. „Am ers-  Saal verlassen. Das Kino hat sie nie mehr
 ten Tag war hier die Hölle los“, erinnert  verlassen. Drei Jahre nach „Jenseits der
 sich Nicole, „und ich stand nur oben im  Stille“, Ende der 90er, macht sie ihren
 Eingang mit der Hand an der Wand und  Uni-Abschluss  und  beginnt,  hauptbe-
 hab gefühlt, dass es wieder da ist.“ Und  ru ich bei den Essener Filmkunstthea-
 tatsächlich, neben neuer Technik, Roll-  tern zu arbeiten. Ihr Büro hat sie in der
 bildwand mit dahinter liegender Bühne  Lichtburg.  Nicole  ist  Bilanzbuchhalte-
 und frisch aufgepolsterten Stühlen sind  rin. Erst vor einem Jahr hat sie den Ne-
 die einzig sichtbaren Änderungen die  benjob im Filmstudio aufgegeben und
 Toiletten, die nun nicht mehr links und  das  auch  nur,  um  einen  Abend  in  der
 rechts von der Leinwand sind. So hört  Woche frei zu haben, an dem sie in Ruhe
 man auch nicht mehr die Klospülung im  ins Kino gehen kann, meistens zu Chris-
 Saal. Der Vorführraum ist jetzt vom Fo-  tiane. „Im Kino“, sagt sie, „taucht man ab
 yer aus begehbar und nicht, wie früher,  in eine eigene Welt. Eigentlich, in dem
 nur über den Hof. Eine Neuerung, über  Moment, wo der Vorhang sich ö net.
 die sich Christiane besonders gefreut  Im Filmstudio beginnt das schon, wenn
 hat, denn einmal hatte sie den Schlüs-  man durch die Tür kommt. Die Treppe
 sel zum Vorführraum zu Hause verges-  mit dem roten Teppich ist die Schleuse
 sen, als sie zum Schichtwechsel ins Kino  zur Realität.“ Die Tür zu dieser anderen
 kam. „Der Vorführer hatte noch die Wer-  Welt liegt seit nunmehr 100 Jahren auf                  Blicken in „ihren“
 bung angeschmissen und war dann ge-  der Rü. Hinter ihr spielen seit einem                     Kinosaal: Christiane
 gangen, als ich kam“, erzählt sie immer  Jahrhundert die tollsten Geschichten –             Hüls (links) und Nicole
 noch leicht panisch beim Gedanken  auf der Leinwand, im Publikum, hinter                        Kronauer (rechts)
 an die Situation. Denn ohne Schlüssel  der  eke und im Vorführraum.



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