Page 63 - Magazin Fotostadt
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SAMMELN UND ARCHIVIEREN  [62]  FOTOSTADT ESSEN  SAMMELN UND ARCHIVIEREN  [63]                                     FOTOSTADT ESSEN
















                              Von der Macht






                                           der Bilder























                          Ein Blick in das Krupp-Archiv und eine der spektakulärsten
                                             Fotosammlungen der Wirtschaft



                                                           Text: Dagmar Haas-Pilwat
 „Letzte Schicht des Hammers Fritz“, Essen, 4. März 1911. Chlorsilberauskopierpapier.
 HISTORISCHES ARCHIV KRUPP, ESSEN
        Seit 1998 befindet sich das 1905 gegründete   fien als auch die Filme (etwa 5000 Rollen) ge-  für Fürsten, Behörden und Private.“
        Historische  Archiv Krupp und das damit äl-  hen bis in die Frühzeit dieser Medien zurück.   Auch bei der Öffentlichkeitsarbeit  war
        teste deutsche  Wirtschaftsarchiv sowie inter-  So nutzte Alfred Krupp bereits 1849 für zwei   Alfred Krupp ein Pionier. Er legte den Grund-
        national eines der bedeutendsten seiner Art im   Porträts das nach dem französischen Erfinder   stein  für  eine  eigene  „Photographische  An-
        Eigentum der Alfried Krupp von Bohlen und   Louis Daguerre (1787–1851) benannte Daguer-  stalt“. „Höchstwahrscheinlich war er der erste
        Halbach-Stiftung. Als Zentrum für die Krupp-  reotypie-Verfahren, bei dem Bilder auf silber-  Unternehmer der Welt, der eine eigene Foto-
        Geschichte ist es in der Villa Hügel tätig.  beschichtete  Kupferplatten  gebannt  wurden.   abteilung hatte“, sagt Prof. Dr. Ralf Stremmel,
            Die Bestände stammen aus der Geschich-  Diese Arbeiten gehören in Essen zu den wert-  Leiter des Historischen Archivs Krupp.
        te des Konzerns, der 1811 gegründeten Firma   vollsten Stücken der Sammlung.         Zu den Besonderheiten zählt ein acht Me-
        Krupp, und der Eigentümerfamilie. Die Band-  Die Krupps waren versessen auf Fotogra-  ter langes Rundum-Panorama von 1867. Alfred
        breite der Motive ist enorm. Sie zeigen das pri-  fie. Die Aufnahmen – entstanden im Zeitraum   Krupp hatte an einem Sonntag eigens Hunder-
        vate Leben der Krupps; die alltägliche Leistung   von 1846 bis heute – lagern in den Magazinen   te Arbeiter gerufen, die an ihren Arbeitsplätzen
        der Arbeiter in den Werken; den technischen   in Essen.  Von keinem Unternehmen, keiner   stillstehen mussten, damit Hugo  van  Werden
        Fortschritt; den politischen Wandel vom Kai-  Industriellenfamilie ist wohl eine solche foto-  vom Kanonenturm I des Werks aus die elf prä-
        serreich bis zur Bundesrepublik.  Alle  wirt-  grafische Fülle als Langzeitgedächtnis und   zisen und tiefenscharfen Bilder machen konn-
        schaftlich relevanten Bereiche des aufstreben-  Schatzkammer überliefert.         te, die schließlich zu der  weltweit einzigarti-
        den Stahlkonzerns sind dokumentiert: Doch    Als erster deutscher Großindustrieller er-  gen  360-Grad-Aufnahme komponiert  wurden.
        nicht immer waren es die imposante Technik   kannte der Firmenchef Alfred Krupp die Mög-  Krupp nutzte sie überaus effektiv zu Werbezwe-
        oder die schiere Größe der Unternehmung,   lichkeiten dieses neuen Mediums. Und so ließ   cken, nahm sie mit auf Weltausstellungen wie in
        deren fast monumentale Bedeutung für Essen   er bereits 1861 den technischen Zeichner Hugo   Paris. Mit den Fotografien, einer relativ neuen
        sich auch mit zahlreichen rauchenden Schlo-  van  Werden  in Hannover zu  seinem ersten   Technik, wollte er unterstreichen, wie innovativ
        ten manifestierte, sondern auch die Menschen,   Werksfotografen ausbilden. Die Mission Ewig-  und leistungsstark sein Unternehmen war.
        die Arbeiter, die hautnah im Fokus standen.  keit begann. „Nach langen Jahren“, prophezeite   Zugleich dienten die Fotografien der in-
            Der Umfang des Konvoluts ist gewaltig:   Krupp, „werden diese Bilder noch interessant   ternen Dokumentation, sei es bei  Versuchen
        2,5  Millionen Objekte.  Sowohl  die  Fotogra-  sein. Sie sind und bleiben würdige Geschenke   mit Eisenbahnrädern, sei es beim Stand auf der
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