Page 53 - Magazin Fotostadt
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VERNETZEN UND VERMITTELN (52) FOTOSTADT ESSEN VERNETZEN UND VERMITTELN (53) FOTOSTADT ESSEN
Leonid Breshnew, Erich Honnecker, 30. Jahrestag der DDR, Ost-Berlin, 1979
Prägnante Schwarz-Weiß-Aufnahmen von historischen Ereignissen sind das
Markenzeichen von Barbara Klemm. Das Foto des innigen Bruderkusses
zwischen SED-Parteichef Honecker und Sowjetführer Breschnew 1979 in
Ost-Berlin gehört zu ihren bekanntesten Arbeiten.
Da war der innige Bruderkuss zwischen grafisch im Einsatz, immer ganz nah dran am Postminimalist, ihre Mutter Antonia Gräfin
SED-Parteichef Honecker und Sowjetführer Brennpunkt des politischen Weltgeschehens. von Westphalen, ebenfalls Künstlerin. Nach-
Breschnew, aufgenommen 1979 in Ost-Ber- Sie war dabei, als in Deutschland die Stu- dem Klemm bereits früh mit 14 die Schule
lin. Ein Foto, das um die Welt ging und Zeit- dent:innen Ende der 60er protestierten, als verlassen hatte, entschied sie sich auf Anra-
geschichte schrieb. So wie das Bild des ersten der Sozialist Mário Soares nach der Befreiung ten ihres Vaters eine Lehre zur Fotografin in
Aufeinandertreffens von Kanzler Willy Brandt von der Diktatur die Wahlen gewann und als einem Porträtatelier in Karlsruhe zu absolvie-
und Breschnew im Jahr 1973, ein politischer die Mauer 1989 in Berlin fiel. Über Jahrzehnte ren. „In der Schule habe ich nicht viel gelernt.
Drahtseilakt mitten im Kalten Krieg – festge- prägte Klemm mit ihrer Fotografie das deut- Das wirklich Interessante habe ich erst später,
halten von Barbara Klemm. „Ein Glücksfall“, sche Bildgedächtnis. Fast malerisch wirken während meiner Arbeit, und auf Reisen in vie-
sagt die Grande Dame der journalistischen ihre Fotos, wie Tableaus. Mit dem Prinzip des len Gesprächen erfahren“, sagt sie.
Ein-Bild-Reportage. Prägnante Schwarz-Weiß- knapp verfehlten Augenblicks wirft sie ihren 1959, nach bestandener Gesellenprüfung, Ingeborg Bachmann, Frankfurt, 1971
Aufnahmen von historischen Ereignissen sind ganz eigenen, eindrücklichen Blick auf die zog es Klemm nach Frankfurt am Main zur
zu ihrem Markenzeichen geworden. „In der Ereignisse. Sie habe immer wieder probiert, FAZ, jener Zeitung, die ihre Eltern stets zu
Zeitung kann man genau ein Foto zeigen. Man dorthin zu kommen, wo man als Fotograf Hause lasen. Anfangs arbeitete die junge Foto-
muss es also schaffen, ein Foto zu machen, das nicht erwünscht gewesen ist, sagt sie. Gebo- grafin in der Klischeeanstalt der Frankfurter
das gesamte Ereignis erzählt. Das hat mich he- ren 1939 in Münster/Westfalen, wuchs Klemm Allgemeinen, bearbeitete Druckvorlagen und
rausgefordert“, erklärt sie. als viertes von sechs Kindern in einem künst- bediente große, elektronische Maschinen. In- Barbara Klemm fotografiert ausschließlich analog,
Wir telefonieren mit Barbara Klemm; die lerisch geprägten Elternhaus in Karlsruhe spiriert durch die Arbeit des FAZ-Fotografen
heute 81-Jährige wohnt zusammen mit ihrem auf, das ihr ein Verständnis für Ästhetik ver- Wolfgang Haut, der später ein enger Kollege ohne künstliches Licht und in Schwarz-Weiß. So entstanden auch ihre
Mann in Frankfurt am Main. 34 Jahre war sie mittelt. Ihr Vater, Fritz Klemm, Professor an wurde, wollte sie mehr – sich in der journalis-
für die Frankfurter Allgemeine Zeitung foto- der Kunstakademie Karlsruhe und wichtiger tischen Fotografie ausprobieren, Geschichten vielen Porträtaufnahmen von Prominenten.