Page 13 - Magazin Fotostadt
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SAMMELN [13] FOTOSTADT ESSEN
Katharina Sieverding Katharina Sieverding Katharina Sieverding Katharina Sieverding
GROSSFOTO IX/77, The great white way goes black, 1977 GROSSFOTO I/75, 1975 GROSSFOTO V/76, Selbst in der GROSSFOTO X/77, The reality has been very different, 1977
Farbfotografie, 280 × 462 cm Farbfotografie Winterkälte arbeiten die Taucher 20 Meter Farbfotografie
302 × 474 cm tief unter Wasser, 1976 300 × 467 cm
Frau Sieverding, Sie sind seit 50 Jahren welt- vom Museum Folkwang und Zdenek Felix, Fo- Farbfotografie
weit als Künstlerin erfolgreich, haben als tografie in den musealen Kontext zu bringen, 328 × 464 cm
Professorin für Visual Culture Studies an der zu postulieren, dass diese Arbeiten, die den
Universität der Künste Berlin von 1992-2010 Rahmen der klassischen Fotografie sprengen,
bei vielen Student:innen Spuren hinterlas- ein eigenständiges Medium sind. Fotografie
Katharina Sieverding gehört „Es war mutig
zu den Pionierinnen, die früh die sen. Sie waren an mehr als 850 Gruppen- behauptete sich von da an neben der Malerei
vielfältigen Ausdrucksmög- ausstellungen beteiligt, hatten mindestens als museales Kunstwerk. vom Museum Folkwang,
lichkeiten von Fotografie erkannt 150 Einzelausstellungen. Derzeit werden Ihre Grenzen aufzubrechen, das ist für Sie nor-
haben und das Medium fort- Werke in Baden-Baden im Burda Museum mal. In Ihrer Arbeit gehen Sie immer von zu postulieren,
während inhaltlich und formal prä sentiert sowie im Salon Burda Berlin. Kön- etwas Konkretem aus. Sie nehmen Anstoß.
erweitern. Im Mittelpunkt ihrer dass diese Arbeiten,
Arbeiten stehen Transformati- nen Sie sich an Ihre erste Einzelausstellung Und dann?
ons- und Präsentationsvorgänge, im Museum Folkwang in Essen erinnern? Ich konstruiere ein Bild, und zwar jedes die den Rahmen
Fragen nach Identität, Gender Das war 1977, zu sehen waren die „GROSS- neu. Zum Beispiel das Foto „The great white der klassischen
und Race. Sie traut sich, die ver - FOTOS I-X, 75 – 77“. Die Arbeiten habe ich way goes black“. Klaus Mettig hat es in der
meintlichen Grenzen des Kunst - dort so installiert, dass der Betrachter sich wie Nacht vom 13. Juli 1977 aufgenommen, als in Fotografie sprengen,
begriffs und der Fotografie
auszudehnen. Bekannt geworden in einem Film vorkommen sollte. Die Installa- New York der große Blackout war. Wir waren ein eigenständiges
ist die Künstlerin durch die tion sollte die Vorstellung vermitteln, es liefen zu der Zeit als DAAD-Stipendiaten in den USA.
Konsequenz, mit der sie filmisch zehn verschiedene Filme gleichzeitig ab, durch Der eingefügte Text hat sowohl historische als Medium sind.“
und fotografisch ihr zum Teil die man sich bewegt; man agiert oder zappt auch semantische Bedeutungen, er hat aber
extrem vergrößertes und auf sich sozusagen von einem Film in den anderen, auch damit zu tun, wie man „politisch korrekt“
viel fältige Weise manipuliertes
Porträt seit den 1960er-Jahren und dabei stellen sich zwangsläufig Querver- mit der Rassenfrage umgeht.
einsetzt. Zu ihren bekanntesten bindungen ein. Ihre Themen bewegen sich zwischen Selbst-
Werken zählen „Schlachtfeld Wie war die Reaktion des Publikums? porträts und Politischem. Warum haben Sie Bilder oben:
Deutschland“ (1978), ein State- Kontrovers. Skeptisch. Kritisch. Die Aus- seit den Anfängen sich, Ihr Gesicht, Ihren Installationsansichten
ment zur RAF-Zeit, und die stellung war ein Volltreffer und aus heutiger Körper als Ausdrucksmittel Ihrer analyti- Katharina Sieverding
Plakataktion „Deutschland wird GROSSFOTOS
deutscher“ 1993 in Berlin, die die Sicht ein epochaler Moment: Erstmalig waren schen Fotomalerei gewählt? Museum Folkwang, Essen, 1977
rechtsradikalen Übergriffe nach weltweit Monumentalformate mit dieser Spra- Zur Verdeutlichung und Erweiterung von KATHARINA SIEVERDING © VG BILD-KUNST, BONN 2021
dem Mauerfall thematisierte. che und dazu in Farbe zu sehen. Es war mutig Identität, Individualität, Repräsentanz im Ge- FOTO: KLAUS METTIG © VG BILD-KUNST, BONN 2021