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JUNG IN ESSEN
Das Ho warts
der Zukunft
Wer denkt, die Schulausbaupläne der Stadt seien dröge Materie, der ist Sabine Höhn-Imig noch
nicht begegnet. Gut gelaunt und voll mitreißendem Enthusiasmus steuert sie den Neubau der zu-
künftigen Gesamtschule Altenessen-Süd. Ein Projekt, das in jeder Hinsicht Schule machen wird.
Text: Nicola Schwedt | Fotos: Ralf Schultheiß
Eine Schule im Park, so groß wie fünf drumherum abgehen. In sogenannten stoffe auch umweltgerecht zurückbauen
Fußballfelder. Mit Blumenwiesen und Lernhäusern werden mehrere Klassen lassen. Durch Photovoltaikanlagen auf
Robotik-Labor. In der frisch gekocht einer Jahrgangsstufe zusammen lernen dem Dach und den Einsatz von e zi-
wird. Und die sich komplett selbst mit und leben. Ein bisschen wie in Hog- enten Wärmepumpen und Geothermie
Energie versorgt. – Es klingt ein bisschen warts, nur ohne Übernachten. So wer- erzeugt die Schule ihren eigenen Strom,
wie die Radiointerviews am Weltkinder- den die Oberstufenschüler in einem beheizt sich im Winter selbst und kühlt
tag, wenn Fünfjährige gefragt werden, anderen Gebäude unterrichtet als zum sich im Sommer. „Damit ist sie zu 100
was sie sich für ihr Leben wünschen. Beispiel die Klassen 5 und 6. „Das macht Prozent regenerativ“, strahlt Höhn-Imig,
Aber vor mir steht kein Vorschulkind, die ‚Clusterschule‘ aus“, erklärt Sabine „und wir erreichen eine Übererfüllung
sondern eine 52-jährige Architektin. Sa- Höhn-Imig und wir stellen fest, dass wir der Ziele für die Verminderung des CO -
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bine Höhn-Imig ist Essenerin, Mutter beide auf einer „Flurschule“ waren – lan- Ausstoßes um 77 Prozent.“ Ein Aspekt,
zweier Teenager und nebenbei stemmt ger Flur, viele geschlossene Räume. „Es der die Projektsteuerin mit Stolz erfüllt
sie in Teilzeit den Neubau eines futuristi- wird eine Ganztagsschule“, erklärt sie die und die Schule einen Schritt weiter-
schen Schulgeländes für die Essener Im- bringt auf dem Weg zur Silber-Zerti-
mobilienwirtschaft. Den Glanz der Be- zierung nach BNB-Richtlinien. Diese
geisterung eines Kindes hat sie trotzdem beurteilen das Bauvorhaben nach seiner
in den Augen, als sie mit einem großen Qualität im Hinblick auf ökologische,
Aktenordner voller Pläne und Visualisie- ökonomische und technische Aspekte,
rungen hereinkommt. aber auch soziokulturelle und funktio-
Noch bevor ich die erste Frage stellen nale werden betrachtet, sowie der Pro-
kann, sprengt sie mein sorgfältig vor- zess an sich. Das komplette Konzept
bereitetes Interview mit einem kleinen des Schulbaus, dem natürlich auch ein
Satz: „Darf ich Ihnen vielleicht kurz das modernes, pädagogisches Konzept zu-
Projekt vorstellen, bevor wir anfangen?“ Ab 2027 neue Heimat für 1.300 Schüler*innen grunde liegt, hat seinen Ursprung in den
Nach einer ver ogenen Stunde, in der Plänen der „Montag Stiftung“, einem un-
wir viel gelacht haben, unterscheide ich o enen Lernbereiche auf den animier- abhängigen Gremium, das es sich zum
Flur- und Clusterschulen, habe über ten Bildern, „die Schüler werden einen Ziel gesetzt hat, chancengleiches Lernen
Geothermie-Bohrungen gelernt und großen Teil ihrer Freizeit hier verbrin- und Leben an einer Schule einmal neu
bin außerdem schwer beeindruckt. „Sie gen, das ist anders als bei uns damals. zu denken. Die Stadt hat diese Studien
müssen sagen, wenn ich zu weit ins De- Deswegen wird in der Mensa auch jeden als Basis für ihre Leitlinien genommen
tail gehe“, wirft sie ein, „ich kann noch Tag frisch gekocht. Und im Sommer kann und festgelegt, dass künftig alle Schulen
fünf Stunden darüber reden.“ Das könn- man draußen auf der Terrasse essen“, in Essen nach deren Gesichtspunkten
te sie, und vermutlich würde es weder fügt sie hinzu. Und das mitten in einer errichtet werden müssen. Die Gesamt-
langweilig noch uninteressant. Der Ent- Parkanlage statt auf einem betonierten schule Altenessen-Süd ist dabei nur
wurf für die Gesamtschule Altenessen- Schulhof. Dafür werden 65 klimaange- das erste Projekt in einer langen, ambi-
Süd ist das Ergebnis eines Wettbewerbs, passte Bäume angep anzt. Das ganze tionierten Liste von Schulerweiterungen
den das Kölner Architekturbüro v-archi- Gebäude, das auch fünf Turnhallen, eine und Neubauten. So sollen langfristig 8
Der Neubau der Gesamt- tekten gewonnen hat. Entstehen wird Außensportanlage und gemeinschaft- Grundschulen, 3 Berufskollegs, 2 Gym-
schule Altenessen- eine 34.000 m² große Anlage zwischen lich genutzte Räume für die Stadtteilbe- nasien, 2 Gesamtschulen, 1 Realschule
Süd ist für Architektin Erbslöhstraße und Berthold-Beitz-Bou- völkerung umfasst, ist in Holzhybridbau- und 1 Förderschule neu entstehen. Dazu
Sabine Höhn-Imig ein levard. Das Herzstück wird das Forum weise konzipiert. Das heißt, dass es nicht werden 39 Grund- und Förderschulen
Herzensprojekt sein. Eine Art Aula und Begegnungs- nur stylisch aussehen wird, es wird sich erweitert sowie 21 weiterführende und
halle, von der aus die weiteren Gebäude irgendwann dank CO -optimierter Bau 2 Berufskollegs. Das Ganze lässt die Stadt
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