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KULTUR KULTUR
Kopfüber
in die
Bilderflut
Essen ist auf dem Weg, das visuelle Gedächtnis Deutsch-
lands zu werden. Bilder und Experten sind bereits vor Ort.
Mehr als tausend Worte sagt ein Bild, blichenen Familienfotos ansehen! Be-
heißt es. Wie viele Worte man nur vor es zu unwiderruflichen Verlusten
bräuchte, um die Geschichten hinter kommt, soll sich das Bundesinstitut
den Bildern einer ganzen Nation zu für Fotografie dem kulturellen Erbe
erzählen? Unvorstellbar. Dieses Ge- der Fotografie auf nationaler Ebene
dächtnis unseres Landes aufzuarbei- annehmen, indem es bedeutende
ten, wird zukünftig Aufgabe eines Bun- Vor- und Nachlässe von Fotografen
desinstituts für Fotografie sein. Und dauerhaft sichert, der Forschung und
wo wäre es besser angesiedelt als in Allgemeinheit zugänglich macht und
Essen, auf dem Welterbe Zollverein? zukünftige Entwicklungen des foto-
Zu diesem Schluss kam im März eine grafischen Bildes begleitet. Die Mu-
Machbarkeitsstudie der Bundesre- seen und kommunalen Archive kom-
gierung. Denn in Essen gibt es nicht men hier an ihre Grenzen.
nur hinreichend Platz an genau dem
richtigen Ort, es gibt mit der Folkwang
Universität der Künste, dem Ruhr Mu-
seum, dem Museum Folkwang und
dem Historischen Archiv Krupp auch
schon ein beeindruckendes Netzwerk
zum Thema Fotografie vor Ort.
Beide Museen wie das Krupp-Archiv
verfügen bereits über herausragende
fotografische Sammlungen. Mit der
Folkwang-Uni ist auch die Brücke
zu Forschung und Lehre gebaut. Das
neue Foto-Institut würde auf Zollver-
ein gleich in ihrer direkten Nachbar-
schaft entstehen. Als „Zentrum für Peter Gorschlüter im Fotoarchiv
Fotografie“ arbeiten alle vier bereits
seit Jahren gemeinsam. Auch andere Städte, wie beispiels-
Darüber, was Essen mit dem neuen weise Düsseldorf, hatten auf den
Bundesinstitut für Fotografie erwar- Zuschlag gehofft. Warum hat Essen
tet, haben wir mit Peter Gorschlüter, überzeugt?
Direktor des Museums Folkwang, ge- In Essen gibt es eine lange Tradition
sprochen. der Fotografie, die weit über 100 Jah-
Ein „Bundesinstitut für Fotografie“, re zurückreicht. Und hier ist – in die-
das ist ein großer Begriff, was genau ser Dichte deutschlandweit einmalig
verbirgt sich dahinter? – bereits gebündelte Kompetenz ver-
Die Fotografie ist Teil unseres Bild- sammelt in Sammlungen und Archi-
gedächtnisses und ein Medium im ven, in Lehre und Forschung, Aus-
stetigen Wandel. Sie ist aber auch stellungen und Konservierung der
vergänglich in ihrer technischen und Fotografie. Von diesem Umfeld und
materiellen Beschaffenheit. Da müs- Expertise kann das Bundesinstitut nur
sen Sie sich nur mal Ihre alten ver- profitieren. „Tiegelträger“, Farbdia der „Seestern-Lichtbilder“-Serie „Krupp. Eisen und Stahl“, um 1911, © Historisches Archiv Krupp
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