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KULTUR

 ie wirkliche Welt hinweg   Ausstattungswerkstätten, „es sei denn,   nicht so recht, was er machen sollte.   musste? „Ich hoffe, ich habe die Spit-
 zu träumen sei der Grund   es ist ein Kabel dran, dann sind die Be-  Bei der Berufsfindung lernte er seine   ze des Eisbergs noch nicht erreicht!“
 ins  Theater zu  gehen,  for-  leuchter zuständig.“  Vorgängerin kennen und fand auch   Einmal haben sie ein großes Bett für
 mulierte Friedrich Schiller   An einer Gondel, ohne Kabel, aber   gleich seine Berufung. „Ich wollte ‘was   den gesamten Chor gefertigt. Der be-
 es einst. Diesen Träumen   ebenfalls für „La finta“ arbeitet Thea-  mit meinen Händen machen, aber   steht immerhin aus 50 Leuten. „Man
 eine Gestalt zu verleihen, daran arbei-  terplastiker Zhi Li. Zahlreiche Orna-  nicht Künstler werden, nicht aus mir   hat immer ein kleines Highlight in je-
 ten in Essen 64 Menschen fernab des   mente hat er bereits dafür gefertigt.   selbst  raus  ständig  kreativ  sein  müs-  dem Stück. Aktuell haben wir hinten
 Rampenlichts, ihre Kunstwerke jedoch   Der 33-Jährige ist erst seit Oktober im   sen.“ Er machte seine Ausbildung zum   einen Oldtimer stehen, der kann aber
 sind die heimlichen Stars auf den Bret-  Team, einen regulären Spielbetrieb hat   Theaterplastiker bei der TUP. Seit nun-  als Benziner ja so nicht über die Büh-
 tern, die die Welt bedeuten.  er noch gar nicht erlebt. Zhi kommt   mehr 18 Jahren ist er dabei und würde   ne  fahren.  Da  bauen  wir  jetzt  einen
 In Bayern hat sie auf der Baustelle ge-  aus der Nähe von Wuhan. „Ich wollte   alles genau so wieder machen.  Elektromotor ein“, verrät er und da-
 arbeitet.  Jessica  Gertling  (29)  ist  Ma-  etwas Neues ausprobieren, etwas er-  Auf eine noch längere Verbundenheit   bei blitzen die Augen des 57-Jährigen
 ler- und Lackiererin. Weil es ihre Zwil-  leben“, erzählt er. Da ist er kurzerhand   blickt Chef Ralf Gehrke zurück. „Ich   wie bei einem Kind an Weihnachten.
 lingsschwester nach Gladbeck zog, fiel   an der Hochschule für bildende Küns-  arbeite quasi in dritter Generation   Und tatsächlich steht so ein richtiger
 auch ihr Blick ins Ruhrgebiet. Und so   te in Dresden gelandet. „Studieren ist   hier.“ Ralfs Vater war Maskenbildner   Gangsterschlitten hinten im Lager,
 kam Jessica 2016 über eine Stellenan-  in Deutschland so billig“, verrät er uns   am Grillo-Theater, sein Großvater hat   zwischen  einem  Sammelsurium  aus
 zeige zur Theater und Philharmonie   leise, „aber die Sprache ist ganz anders   als Ratsherr den Bau mit begleitet. Er   einem gehäuteten Bullen, der von
 (TUP) nach Essen. „Ich bin hier glück-  als  unsere.“  Trotzdem hat er sie gut   selbst ist eigentlich Tischlermeister   der Decke baumelt, und gigantischen   Fand Beruf und Berufung in der Kulissen-
 lich!“, sagt sie und strahlt übers ganze   gelernt. In Dresden traf er auch seine   und seit 37 Jahren dabei. Über 750 Ku-  Teppichrollen. Hinter jedem Regal er-  werkstatt der TUP: Teddy Braun
 Gesicht, während sie überdimensio-  Frau. Die ist ebenfalls Chinesin. Für   lissen hat er im Laufe der Zeit gebaut.   öffnet sich hier eine neue Welt, voller
 nale Türrahmen streicht für die Kulisse   den Job bei der TUP zogen die beiden   Er ist in allen Werkstätten zugegen, be-  Bausteine, aus denen Bühnenträume
 zu Mozarts „La finta giardinera“. Nicht   mit  ihrem  kleinen  Sohn  nach  Essen   spricht sich mit den Bühnenbildnern.   gezaubert werden. Gut verpackt und   Die Oper „La finta giardinera“ von
 alle, aber manche ihrer Werke be-  und leben nun in Dellwig.  Deren Visionen setzt er dann mit sei-  verstaut warten sie hier auf einen neu-  Wolfgang Amadeus Mozart feiert vo-
 staunt sie auch auf der Bühne. „Oper   Eine entschieden kürzere Anreise hat-  nen Teams in die Tat um und hält da-  en Einsatz. Es wird Zeit, dass in Essen   raussichtlich am 2. Oktober Premiere
 ist nicht so meins, aber Ballett, da geh   te Kollege Teddy Braun (39). Der ge-  bei stets auch die Finanzen im Blick.  wieder geträumt werden darf. Die Rea-  im Aalto-Theater.
 ich schon hin.“  bürtige Essener wusste nach dem Abi   Was das Skurrilste war, das er je bauen   lität gibt gerade allen Grund dafür.
 Ob  Oper,  Ballett  oder  Schauspiel,  in
 den Ausstattungswerkstätten der TUP
 wird für alle Sparten gefertigt. Bis zu
 einem Jahr Vorlauf bedarf es für eine
 Produktion. In der Kulissenwerkstatt
 in der Hafenstraße arbeiten allein 36
 Mitarbeiter in Schreinerei, Schlosse-
 rei, Malersaal, als Dekorateure oder
 Plastiker. Dazu kommen die Requisi-                                                   ARCHITEKTIN
 tenwerkstätten im Grillo- und Aalto-                                                  AZADEH
 Theater. Letzteres  verfügt  zusätzlich
 über eine eigene Schreinerei, Schlos-                                                 AZHD ARI
 serei und sogar, was sehr selten ist,
 eine Rüstmacherei. Was der Unter-
 schied zwischen einer Kulisse und
 einem Requisit ist? „Ein Requisit ist
 alles, was auf der Bühne auch benutzt
 wird“, erklärt Ralf Gehrke, Direktor der












                                                                                      S -ART ARCHITEKTEN
                                                                                      LINDENALLEE 10
                                                                                      45127 ESSEN


                                                                                      0201 22 00 350
                                                                                      0175 524 81 87

 Werkstatt-Chef Ralf Gehrke baut seit    Theaterplastiker Zhi Li arbeitet an einer Gondel für „La finta giardinera“.     INFO@S-ART-ARCHITEKTEN.DE
 37 Jahren Kulissen für Aalto, Grillo & Co.  Er kam den weiten Weg aus China nach Essen.  WWW.S-ART-INFINITY.DE



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