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SPORT
vielleicht gar nicht so verkehrt“, sagt geschaltet und es geschafft. Ich war
Damian leicht nachdenklich. Es gab überglücklich!“ Vielleicht auch, weil
einige Verletzungen, Hochs und Tiefs er weiß, dass für die, die es nicht zu ANSCHLUSS
und Krankheiten, die ihn grübeln lie- Olympia schaffen, oft mehr als nur ein
ßen. Alle fünf bis sechs Wochen ging Traum platzt. Denn mit dem Schwim-
es mir nicht gut. Ich war vom Training men wird man nicht reich. Sponsoren
vollkommen erschöpft. Ich habe mich suchen sich die Sportarten aus, die
dann mit einigen Experten und Ärz- die meiste Medienpräsenz bieten und
ten auf die Suche nach den Ursachen da gewinnt fast immer der Fußball.
gemacht.“ Dichte Nebenhöhlen und Damit Damian als Profisportler leben ZUKUNFT
zwischenzeitlich eine Herzmuskel-Er- kann, ist er Soldat – in der Sportförder-
krankung gehörten zu den Ergebnis- gruppe der Bundeswehr. Das bedeutet
sen. Es folgten Behandlungen, Pau- Ein Gruß an die Fans Sicherheit und zum Glück keine Geld-
sen, Umstellungen im Training und sorgen. Wobei trotzdem noch teilweise
zuletzt auch bei der Ernährung. „Naja, fehlt eigentlich nur der Verkaufsab- Geld beigesteuert werden muss. „Vom
die ein oder andere dumme Verlet- schluss. Erster Stopp: Bohnenkartell. Schwimmverband kam in diesem Jahr
zung gehörte leider auch dazu. Ich „Für mich der leckerste Kaffee hier in leider gar nichts. Ich habe überhaupt EINFACH
bin halt leicht ‚hyperaktiv‘ und muss Essen“, sagt Damian, bevor er mich in keine Ahnung warum.“ So gibt es für
immer irgendwie Sport machen. Das die Tiefen seiner Kaffee-Expertise ein- die eine oder andere Reise daher noch-
mit dem Fußballspielen lasse ich aber führt. „Kaffee ist für mich Ritual. Zu- mal Zuschüsse von den Eltern.
mittlerweile sein“, sagt Damian nicht hause habe ich eine richtige Siebträ- Maximale Unterstützung beim Trai-
ohne ein breites Grinsen im Gesicht. germaschine. Wenn die ganze Familie ning gibt es dafür von der SG Essen
Und so konnte ihn auch eine Corona- (Mutter, Vater, drei Schwestern und ein und dem Olympiastützpunkt Rhein/
Erkrankung im März nicht aus der Bruder) zu Besuch ist, stehe ich eigent- Ruhr. Auch ein Grund, warum Damian KLIMA
Bahn werfen. Mit zum Glück nur lich nur an der Kaffeemaschine. Das schon 2010 zur SG wechselte. „Wenn
leichten Symptomen überstand er die ist mir aber egal. Auf Reisen habe ich du hier in der Gegend als Schwimmer
Erkrankung folgenfrei. Unglücklich immer eine Aero-Press dabei (Anm. zu den ganz Großen gehören willst,
war allerdings das zu der Zeit statt- d. Red.: Eine kleine Handpresse, in geht das nur bei der SG Essen. Zusam- jetztwechseln.
findende Trainingslager, in das er nur die Pulver und heißes Wasser einge- men mit dem Olympiastützpunkt krie- ruhrbahn.de
nachfliegen konnte. Heute ist er kern- füllt werden, um mit viel Druck Kaffee gen wir als Sportler die bestmöglichen
gesund, topfit und in der knallharten durch einen Filter zu pressen). Das, Trainerinnen und Trainer sowie Be- MOBIL
Olympia-Vorbereitung. Pro Woche be- was man in manchen Hotels bekommt, treuung und Behandlung durch Ärzte
deutet das neun Schwimmeinheiten, ist mir einfach zu bitter.“ Im Koffer von und Physiotherapeuten.“
dreimal Krafttraining und zweimal Damian Wierling liegt daher immer Seit einiger Zeit wohnt Damian in di-
an der Stabilität arbeiten. Bleibt da eine kleine Kaffeemaschine samt Kaf- rekter Umgebung des Schwimmzen-
überhaupt noch Zeit fürs Privatleben? fee. „Ich musste auch mal in einem trums in Rüttenscheid. So ist der täg-
„Wenig, sehr wenig. Leistungssport Hotel ordentlich mit der Handmühle liche Weg zum Training nicht so weit.
frisst alles, das ist leider so. Er gibt kurbeln … War aber okay“, es folgt wie- Ein großer Vorteil, wenn man die meis-
dir aber auch unglaublich viel. Die der dieses sympathische Lachen, das te Zeit im Schwimmbecken verbringt.
Freundschaften, die sich hier entwi- den Tag mit Damian Wierling schnell Und genau dort endet auch unser ge-
ckeln, halten ewig. Wenn ich frei habe, vergehen lässt. meinsamer Tag – mit einem Fotoshoo-
schlafe ich gerne lang. Ich bin der Typ Was sich seinem Lächeln anschließt, ting und einer herzlichen Verabschie-
Eule, das frühe Training ist jetzt nicht ist die vollkommen unaufgeregte und dung, die den Gesamteindruck vom
ganz so meins. Ansonsten liebe ich es, entspannte Art, die mit der Vorstellung sympathischen „Essener Jung“ weiter
mit meinen Nichten und Neffen auf vom Wettkampftypen und Leistungs- zementiert.
den Spielplatz zu gehen, mit meiner sportler nicht richtig zusammenpas- Die nächsten Wochen werden für Da-
Freundin durch Rüttenscheid zu spa- sen will. Das klärt sich aber schnell mian, Lisa Höpink, Marius Kusch und
zieren und einen guten Kaffee zu trin- auf, wenn Damian über die eigenen Poul Zellmann, die ebenfalls für Olym-
ken.“ Ansprüche und den Leistungsdruck pia qualifiziert sind, hart. Kaum Frei-
spricht: „Mir geht es nicht um den zeit, sehr viel Training und dann im
Wettkampf, ich will einfach immer Juli die Olympischen Spiele, die wohl
„Ich bin Kaffee-Nerd. meine eigene Leistung verbessern, ganz anders werden als alle Spiele zu-
Es gibt nichts Schlimmeres, mein Bestes geben und so das Maxi- vor. In einer Pandemie, in einer olym-
pischen Blase und ohne Zuschauer
mum aus mir rausholen.“
als im Hotel schlechten Kalt lässt ihn der Druck natürlich trotz- aus anderen Ländern. Was bleibt da?
dem nicht. Erst im Finale über 100
„Anspannung, viel Arbeit und hoffent-
Kaffee zu kriegen.“ Meter Freistil bei der Olympia-Quali- lich erfolgreiche Spiele. Ganz egal, wie
fikation in Berlin unterbot er die Olym- sie ausgehen.“ Und danach? „Schlafen,
pia-Norm. „Da ist super viel Druck von hoffentlich Urlaub und erstmal kein
Unser gemeinsamer Spaziergang mir abgefallen. Ich wusste, jetzt muss Sport. Obwohl, vielleicht ein bisschen
durch Rüttenscheid gleicht dann tat- es klappen, du hast nur noch eine Volleyball oder Fußball?! Ich hab dir ja
sächlich auch einer Kaffeefahrt. Es Chance. Dann hab ich den Kopf aus- gesagt, ich kann nicht lange stillsitzen.“
Modellstadt Essen
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