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         Mit Wasserscheu




         zu Olympia







         Text: Florian Hecker | Fotos: Ralf Schultheiß, Marcel Friedrich/thesportpicturepage
         Damian Wierling (25) aus Rüttenscheid ist einer von vier Schwimmerinnen und Schwim-
         mern der SG Essen, die bei den Olympischen Spielen in Japan starten. Seine Wasserscheu
         im Kleinkindalter hat er zum Glück schon lange überwunden.


          „Ich hatte als Kind panische Angst vor
          Wasser.  Ich konnte  das  absolut  nicht
          leiden,  wenn mir Wasser  über  den
          Kopf lief.“ Es sind vielleicht Geschich-
          ten wie diese, die einer Profikarriere
          den Hauch von Bilderbuch-Story ver-
          leihen. Was Damian Wierling dafür
          allerdings noch fehlt, ist eine Medail-
          le bei den Olympischen Spielen. Ein-
          mal war er schon dabei, 2016 in Rio.
          Mit einer kleinen Sensation schaffte
          er die Qualifikation. „Mich hatte nie-
          mand auf dem Schirm. Ich konnte
          ganz befreit in den Wettkampf gehen
          und merkte im Rennen, dass das was
          werden kann. Auf den 100 Metern
          Kraul konnte ich dann sogar als Ers-
          ter vor Paul Biedermann anschlagen.   Die Zeit läuft … Noch ist Damian Wierling in der Olympia-Vorbereitung.
          Das Sahnehäubchen gab es dann am
          nächsten Tag noch oben drauf, als ich   zu fokussieren und keine Gedanken   behaupten.“ Dass ausgerechnet dieses
          den deutschen Rekord über 50 Meter   an ‚hätte und könnte‘ zu verschwen-  Erlebnis im Nachhinein für ihn zum
          Freistil schwamm. Das war ein unfass-  den.“                           Highlight wurde, beschreibt sehr gut,
          bares Gefühl.“                                                         was für ein entspannter und liebens-
          So ging es dann nach Brasilien – ein                                   werter Typ er ist.
          Trip mit spannenden und lehrrei- „Morgens um sieben Uhr die            Nach den sportlichen Wettkämpfen
          chen Erlebnissen inklusive. „Ich war   Sonne an der Copacabana         und den monatelangen Entbehrun-
          am Anfang total geflasht. Hab mich                                     gen samt harter Vorbereitung konn-
          immer nur umgeschaut. Wo ist Usain   aufgehen zu sehen und mit         te Damian endlich mal eine Pause
          Bolt? Wo ist der? Wo ist der? Das alles   Weltfußballer Ronaldo zu     machen und das Drumherum der
          kannte ich ja auch nur aus dem Fern-    chillen, werde ich nie         Olympischen  Spiele  auskosten.  „Die
          sehen.“ Damian war damals erst 20                                      Schwimmwettkämpfe sind immer re-
          Jahre jung – durch seine überraschen-        vergessen.“               lativ früh. Danach bleibt Zeit, die Spie-
          de  Qualifikation auch  vollkommen                                     le zu genießen und auch die eine oder
          unbefangen und ohne große Erwar-                                       andere Party zu feiern.“ Und so ent-
          tungen. Was er daraus gelernt hat, be-  Für den großen Erfolg reichte aber auch   stehen die Anekdoten, die einem für
          gleitet ihn heute noch bei Wettkämp-  die lockere Herangehensweise nicht.   das ganze Leben bleiben. Machen wir
          fen. „Der Kopf spielt eine unglaublich   2016 gab es für Damian bei Olympia   es kurz: Copacabana, Luxushotel mit
          große Rolle. Nach dem Rekord über 50   leider nichts zu holen. „Aber dafür   zwei Etagen nur für die Schwimmerin-
          Meter  Freistil dachte  ich  mir  immer:   habe ich die olympischen Schwimm-  nen und Schwimmer der ganzen Welt
          Da muss doch jetzt mehr gehen. Das   wettkämpfe beendet“, sagt Damian   und ein Sonnenaufgang mit einem der
          musst du doch jetzt noch unterbieten.   lachend. „Der allerletzte Wettkampf   berühmtesten Fußballer der Welt. „Ja,
          Das hat aber nicht geklappt. Bei den   ist immer die Lagenstaffel. Ich war der   das war schon legendär“, sagt Damian
          Olympischen Spielen war ich freier im   Schlussmann im deutschen Team und   mit einem verschmitzten Lächeln.
          Kopf. Ich habe es einfach genossen,   wir wurden leider Letzter. Mit mei-  Zeitsprung: Vier Jahre später, Olympia
          dabei zu sein und mein Bestes zu ge-  nem Anschlag waren die olympischen   2020 in Japan, Corona.
 Noch ist Damian Wierling ganz cool, beim Fotoshooting in seinem „Wohnzimmer“, dem Schwimmzentrum Rüttenscheid.    ben. Heute arbeite ich regelmäßig mit   Schwimmwettkämpfe daher vorbei.   „Im Nachhinein war die Verschiebung
 In Tokio wird Damian Wierling dann mit Sicherheit angespannter sein.  einem Sportpsychologen daran, mich   Das können auch nicht viele von sich   der Spiele auf das Jahr 2021 für mich



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