Page 71 - Fotostadt Essen 2
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PANORAMA  (70)  FOTOSTADT ESSEN  PANORAMA                 (71)                                      FOTOSTADT ESSEN

 Bild links:   Bild rechts:
 Werbeaufnahme für SABO-Rasenmäher,   Kontaktalben von Ruth Hallensleben
 Gummersbach-Dieringhausen, 1959  © CHRISTOPH SEBASTIAN/RUHR MUSEUM
 © RUTH HALLENSLEBEN/FOTOARCHIV RUHR MUSEUM

 Bild rechts:
 Näherin, Strumpffabrik Ewers, Medebach, 1966
 © RUTH HALLENSLEBEN/FOTOARCHIV RUHR MUSEUM























                        Neben der Industriefotografie gehören auch Landschaften und
                             Architektur zum umfangreichen Hallensleben-Werk.
                  Eine Bilderstrecke über die Aufbauarbeiten am kriegszerstörten Kölner
                     Dom 1948 oder ein früher Reisebericht über die „Brauer im Osten“
                              gehören zu den wenigen reportageartigen Arbeiten.
 Bild unten:
 Mutter mit Kindern beim Spaziergang vor der Zeche Bruchstraße, Bochum, 1957
 © RUTH HALLENSLEBEN/FOTOARCHIV RUHR MUSEUM





        Es gibt Fotograf:innen, die sich mit iko-  gänglichen Männer- und Maschinenwelt.   Reisen Anfang der 1950er auf die Kana-
        nischen Bildern ins kollektive Gedächt-  Ihre kompositorisch klaren, technisch per-  ren,  inklusive  eingeklebter Flugtickets
        nis eingeschrieben haben, berühmt und  fekten Aufnahmen  von  Zechenanlagen,     und Hotelprospekte.
        unvergesslich. Und es gibt Fotografinnen  Stahlwerken und Fabrikhallen  werden   Mehr als 30 Jahre lang arbeitet Hal-
        wie Ruth Hallensleben, deren bildreicher  trotz einer eher behutsamen Handschrift   lensleben  vor allem für Bergbau und
        Nachlass vor allem die enorme Produkti-  Klassiker der Industriefotografie. Mit dem   Schwerindustrie. Sie fotografiert unzäh-
        vität, Kontinuität und Qualität jahrzehn-  Ankauf ihres Nachlasses  von den Erben   lige Zechenanlagen, Maschinenfabriken,
        telanger Kameraarbeit  ausmacht. Um  Lore und Lotte Laska durch die Kultur-  Stahlwerke, Baumwollspinnereien und

        die Sicherung und Aufarbeitung solcher  stiftung Ruhr 1986 und die  Weitergabe   Eisengießereien, zunächst in Schwarz-
        bedeutsamer Bildbestände, wie sie Hal-  des gesamten Negativbestandes und eines     weiß, später auch in Farbe. Sie arbeitet
        lensleben hinterlassen hat, kümmert  großen Konvoluts an  Abzügen an das   für  große Auftraggeber  wie  Thyssen,
        sich das Fotoarchiv des Ruhr Museums.  Ruhrlandmuseum 1989 sind diese bedeut-  Rheinpreußen und immer  wieder die
                                            samen Zeugnisse der Industriefotografie    Gelsenkirchener Bergwerks-AG. In den
           Als Ruth Hallensleben  Anfang der  aus der Zeit von 1930 bis in die 1970er-   Ballungszentren Köln und Düsseldorf,
        1930er Jahre mit dem Fotografieren beginnt,    Jahre heute komplett gesichert und stehen   vor allem aber im Ruhrgebiet, gibt es
        ist sie eine  Ausnahmeerscheinung. Eine  zu weiteren Forschungszwecken bereit.    damals  Arbeit genug und Hallensleben
        Frau, die sich mit Mitte 30 als Berufsfoto-   48.000 Negative in den Formaten 6 × 6   wird zu einer vielbeschäftigten Fotografin
        grafin selbständig macht und in Köln ein  und 6 × 9 lagern heute in den klimatisier-  der Arbeitswelt.
        florierendes Fotostudio führt, das ist da-  ten  Archivräumen des Museums. Dazu   Neben der Industriefotografie gehö-
        mals selten genug. Eine Frau, die sich in  kommen etwa 200 Kontaktbücher als be-  ren auch Landschaften und  Architektur
        der  Männerdomäne der  Industriefoto-  sondere Zugabe. Die säuberlich bekleb-  zum umfangreichen Hallensleben-Werk.

        grafie einen Namen macht, das ist eine  ten  und  mit Zahlensignaturen  beschrif-  Eine Bilderstrecke über die Aufbauarbei-
        Besonderheit.                       ten Bücherseiten sind nicht nur Beleg für     ten am kriegszerstörten Kölner Dom 1948
           Trotz ihrer Sonderstellung aber weiß  die gute Auftragslage der Berufsfotografin,    oder  ein  früher  Reisebericht über  die
        man bis heute nicht allzu  viel über die  sie geben auch Einblick in die Arbeitsweise   „Brauer im Osten“ zählen zu den wenigen
        1898  geborene ausgebildete  Erzieherin,  und ein wenig auch in die Persönlichkeit   reportageartigen  Arbeiten. Das Haupt-
        die nach Krankheit und Krise Anfang der  der  Kölner Kaufmannstochter,  die  über   augenmerk Hallenslebens liegt  von 1935
        1930er noch einmal in die Fotolehre geht.  ihre  Aufträge so sorgsam Buch führt   bis in die frühen 1970er auf Werbeaufnah-
        Und  schnell  Fuß fasst  in der schwer zu-  wie  über die Aufnahmen erster privater   men für die Wirtschaft. Sie dokumentiert
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