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KULTUR
Früher Speicher für Industriegut, heute für Kulturgut – das neue Schaudepot auf Zollverein
Mittendrin, zwischen Regalen und der Umzug des damaligen Ruhrland- Und unten steht die Funktion der Ob-
Exponaten, steht Professor Heinrich museums auf das UNESCO-Welterbe jekte im Mittelpunkt.“ Hier gliedern sich
Theodor Grütter, Direktor des Ruhr Mu- Zollverein beschlossen wurde. „Damals die Exponate dann in Arbeit und Alltag.
seums und Vorstandsmitglied der Stif- war aber kein Geld mehr da“, erinnert Natürlich sind hier der Bergbau und die
tung Zollverein. Seine Stimme schallt er sich. Daher wurden die Bestände zu Stahlindustrie angesiedelt, aber auch
unverkennbar durch diesen Koloss: einem Drittel im Verwaltungsgebäude Themenkomplexe wie Bildung, Reli-
„So ein Gebäude kann man gar nicht untergebracht und zu zwei Dritteln in gion, Haushalt und Kindheit. Vom Ab-
neu bauen!“, sagt er kopfschüttelnd und Außendepots in Essen und im ganzen bauhammer bis zur Waschmaschine ist
schaut sich immer noch fast ungläubig Ruhrgebiet. 2014 bewarb sich das Ruhr hier alles zu finden.
in seinem neuen Refugium um. „Das Museum dann als Bundesprojekt zum Ansehen können Besucher das Schau-
sieht von draußen nach nichts aus. Aber nationalen Städtebau. Gesucht waren depot auf geführten Touren von bis zu
als ich das erste Mal hier reinkam, war Projekte von nationaler Bedeutung. 20 Personen. Diese gibt es mit verschie-
ich vollkommen fasziniert“, strahlt er. „Uns war klar, wir bauen kein neues denen Schwerpunkten, zum Beispiel für
Der Gedanke, ein Schaudepot einzu- Zentrallager, sondern ein Schaudepot“, Senioren oder Familien.
richten, stand schon 2007 im Raum, als so Grütter. 2016 kam der Zuschlag, an- Dass Museen ihre Bestände auch jen-
schließend wurde zwei Jahre geplant seits der Ausstellungen zeigen, liegt ge-
und zwei weitere gebaut. Alles wurde rade schwer im Trend, dennoch ist das
im Original belassen, die Patina sollte Schaudepot des Ruhr Museums einzig-
bleiben, nur neu eingezogene Wände artig. Alle großen Häuser haben ihre
für Büro- und Arbeitsräume im Erdge- Depots neu gebaut. Das Ruhr Museum
schoss wurden verputzt. stellt seine Exponate in einem Exponat
Eine inhaltliche Herausforderung war zur Schau.
die Sortierung. „Wir sind pragmatisch
vorgegangen. Die oberste Etage ist die
wärmste, da haben wir die unkriti- Das Schaudepot kann nur im Rahmen
schen Stücke untergebracht, die Geo- von 90-minütigen Führungen besichtigt
logie. Die mittlere ist konservatorisch werden, in Gruppen von max. 20 Perso-
die beste und unten stehen aus stati- nen. Öffentliche Führungen: samstags,
schen Gründen die schweren Industrie- sonntags & feiertags um 11 und 15 Uhr.
sachen“, erläutert Grütter das System. Individuelle Gruppenführungen nach
„Die Ordnung der Dinge kann dabei Absprache. Jeden 1. Samstag im Monat
sehr unterschiedlich sein, oben haben Führung für Senioren, jeden 2. Samstag
wir nach belebter und unbelebter Natur Familienführung, jeden 3. Samstag Kura-
unterschieden, in der Mitte nach Ma- tor*innen-Führung, jeweils um 15:30 Uhr.
Bleierzschlacke, Nordrhein-Westfalen, terialität. Das reicht von Glasgefäßen www.tickets-ruhrmuseum.de
Ruhrgebiet, Essen-Frintrop aus der Römerzeit bis zum Stauderglas.
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