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WIRTSCHAFT
                    IMMER EINMAL





             MEHR AUFSTEHEN





                   ALS HINFALLEN!







           Westenergie-CEO Katherina Reiche bildet den Auftakt zu unserer Serie „Power-Frauen“,
                in der wir Ihnen die erfolgreichsten Energie-Managerinnen der Stadt vorstellen.
          Essen-Magazin-Chefredakteur Richard Röhrhoff traf die gebürtige Brandenburgerin in der
                obersten Etage des Turms am Opernplatz, dem neuen Sitz der Westenergie AG.
                 Das Tochterunternehmen der E.ON SE ist der größte Energiedienstleister und
             Infrastrukturanbieter in Deutschland. Es versorgt 6,6 Millionen Menschen zwischen
                            Osnabrück und Trier mit Strom, Gas, Wasser und Internet
                                                      Fotos: Ralf Schultheiß

          RR: Was denken Sie, wenn Sie von hier   teil von Frauen in Führungspositionen   dieses Feuer zu entfachen. Wir wollen
          oben auf Essen und das Ruhrgebiet   von ungefähr 30 %. Wir sind also von   neue Horizonte öffnen und Themen
          gucken?                            der Parität zwischen den Geschlech-  vermitteln, die manchen Kindern im
          KR:  Der  Ausblick  erinnert mich  ein   tern noch ein gutes Stück entfernt.   Elternhaus oder in der Schule so nicht
          Stück weit an meine alte Heimat. Man   Schaut man sich einzelne Branchen   zugänglich gemacht werden: Natur-
          schaut hier auf Industrie im Wandel   an, werden Unterschiede noch deut-  wissenschaften,  Technik  und auch
          der Zeit, von einzelnen Fördertürmen   licher sichtbar. In der Energiebranche   Geistes- und Sozialwissenschaften so-
          der alten Zechen über noch rauchen-  etwa müssen wir vor unseren eigenen   wie Kultur- und Gesundheitsthemen.
          de Schlote bis hin zu modernsten   Türen kehren. Auch in der Westener-  Und die Zeche Carl ist der richtige Ort
          Bürogebäuden, unterbrochen durch   gie haben wir noch Nachholbedarf.   dafür. Sie ist beliebt, bekannt und ein
          viel  Grün.  Eine sich  permanent  ver-  Und das ist nicht nur eine Frage der   Anziehungspunkt im Essener Norden.
          ändernde, pulsierende Metropole, die   Gerechtigkeit, sondern auch des wirt-  RR: Es ist sicher auch ein Ziel, Mäd-
          immer gefordert ist, sich weiterzu-  schaftlichen  Erfolgs. Studien  zeigen,   chen stärker für die Naturwissenschaf-
          entwickeln. Da ist Dynamik drin und   dass gemischte Teams aus Männern   ten zu begeistern …
          das finde ich sehr reizvoll. Ja, ich fühle   und Frauen, verschiedenen Alters-  KR: Auf jeden Fall. Dafür braucht es
          mich hier sehr wohl.               gruppen und Herkünften bessere      Vorbilder. Bei mir waren das meine
          RR: Wussten Sie eigentlich, dass Essen   Ergebnisse erzielen als  homogene   Großmutter und meine Mutter. Ich
          1000 Jahre von Frauen regiert wurde?  Teams.                           habe aber auch im Berufsleben das
          KR: Ja, in der Tat! Ich habe gelernt, dass   RR: Sie engagieren sich für die neue   Glück gehabt, früh auf Frauen zu tref-
          Essen von Äbtissinnen regiert wur-  Junior-Uni in Essen. Ist die Förderung   fen, die mich unterstützt haben. Das
          de. Das hat mich beeindruckt. Es gab   der Naturwissenschaften für Sie als   möchte ich  weitergeben. Deshalb
          lange Zeit ein Matriarchat, bevor hier   Chemikern eine Herzensangelegen-  haben wir bei Westenergie vor eini-
          die Ruhrbarone groß wurden. Aber die   heit?                           gen  Monaten FEMpower  gegründet,
          Stadt hat ja auch danach immer wie-  KR: Die Junior-Uni ist eine fantasti-  eine Akademie von Frauen für Frau-
          der eindrucksvolle Frauen hervorge-  sche Idee, die Oberbürgermeister Tho-  en.  Damit wollen wir  Kolleginnen  in
          bracht, etwa Margarethe Krupp oder   mas Kufen an uns herangetragen hat.   unserem Unternehmen unterstützen,
          Hildegard Hamm-Brücher.            Ich musste nicht lange nachdenken,   ihnen Sicherheit vermitteln und syste-
          RR: Frauen in Führungspositio-     ob wir sie unterstützen wollen. Unser   matisch  auf  Führungspositionen  vor-
          nen sind aktuell ein Riesenthema in   Unternehmen und seine Vorgängerge-  bereiten. FEMpower soll ein Forum
          Deutschland. Wie finden Sie das The-  sellschaften haben sich die Förderung   sein, mit dem wir Frauen stärken und
          ma?                                von Kindern und Jugendlichen schon   sichtbarer machen. Und die Akademie
          KR: Auch wenn wir jetzt auf fast 110   vor Jahren als Ziel gesetzt. Der franzö-  soll vor allem ein Ort sein, an dem wir
          Jahre Frauenbewegung zurückbli-    sische Philosoph Michel de Montaig-  alle  vertrauensvoll voneinander  ler-
          cken, ist die Gleichberechtigung der   ne hat gesagt: „Ein Kind unterrichten   nen.
          Geschlechter noch nicht erreicht. Vor   heißt nicht, eine Vase zu füllen, das   RR: Sie wären fast mal Familienminis-
 17 Jahre Bundestag, davon fünf Jahre stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion und sieben Jahre    allem nicht in der Arbeitswelt. Wir ha-  heißt, ein Feuer anzuzünden.“ Die Ju-  terin geworden. Wie bewerten Sie die
 Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium sowie im Bundesverkehrsministerium  ben in Deutschland aktuell einen An-  nior-Uni ist ein idealer Ansatzpunkt,   aktuelle Situation und was bleibt von



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