Page 39 - ESSEN_Stadtmagazin_Sonderausgabe_Altenessen
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klinik St. Vincenz“ geführt, ist die Schaffung
einer Brücke zwischen ambulanter und
stationärer Behandlung, die eine niedrig-
schwellige Versorgung mit kurzer statio-
närer Aufenthaltsdauer ermöglicht. Das ist
aus meiner Sicht das, was wir brauchen. Wir
bauen dafür die Stadtteilklinik, wo rund 10
niedergelassene Haus- und Facharztpraxen
ganz unterschiedlicher Fachrichtungen an
einem Ort zu finden sein werden. Im Ober-
geschoss werden die Operationssäle für am-
bulante Operationen gebaut.
Nimmt die Stadt auch Geld in die Hand? In-
vestieren Sie auch Geld im Essener Norden für
eine bessere Gesundheitsversorgung?
Unser finanzielles Engagement, Investi-
tionen für die „Gesundheitsregion Essener
Norden“, wird bis 2030 überschlägig fast 100
Mio € betragen. Dazu die hohe jährliche fi-
nanzielle Beteiligung an der Realisierung
der beiden Gesundheitskioske, die wirklich
Helfen bei Fragen zu Pflege und Versorgung: die Mitarbeiter*innen im Gesundheitskiosk gut laufen.
Ach ja, darüber haben sich viele Leute lustig
Herr Renzel, können Sie verstehen, wie ent- Von Null wieder anfangen? Das müssen Sie gemacht.
täuscht die Menschen im Essener Norden über erklären. Das ist ja immer einfach, wenn man nicht
die Krankenhaus-Schließungen sind? Nach der Analyse haben wir dem Rat der verstehen will, was es bedeutet. Sie sind
Natürlich verstehe ich das, ich war damals ja Stadt sieben Projekte zur Beschlussfassung selbstverständlich kein Ersatz für geschlos-
selbst schockiert, hatten wir doch ein ganz vorgeschlagen, die dabei helfen sollen, sene Krankenhäuser, aber bieten eine effek-
anderes Zukunftsbild. Die Entscheidung die „Gesundheitsregion Essener Norden“ tive Möglichkeit zur Verbesserung der Ge-
der Contilia kam für uns aber plötzlich und zu entwickeln. Sozusagen als „Null-Linie“, sundheitsversorgung, indem sie mit einem
völlig unerwartet. Wir konnten das damals um dann ggfs. neue Versorgungsformen zu ganz einfachen Zugang Beratung, Lotsen-
nicht verstehen und auch nicht mehr ver- etablieren und Vorhandenes sinnvoll ein- funktionen und Prävention gezielt für Men-
hindern. zubinden. Wir wollen am Ende des Gesamt- schen mit Zugangshürden bereitstellen.
Woran lag das? prozesses, der sicher noch ein paar Jahre Und was planen Sie in Altenessen?
Die Menschen bleiben heute immer kürzer dauern wird, die Gesundheitsversorgung Stoppenberg ist super nah, es braucht kei-
in Krankenhäusern. Viele Eingriffe finden inklusiv unserem Rettungswesen im und nesfalls Doppelstrukturen. Wir wollen aber
zudem gar nicht mehr in Krankenhäusern für den Essener Norden massiv verbessert dennoch das ehemalige Marienhospital zum
statt, weil es auch ambulant geht und das haben. „Gesundheitspark Altenessen“ machen. Weil
auch noch sehr sicher und viel beschwerde- Was ist geplant bzw. bereits realisiert? eine Hebammenpraxis ja bereits vorhanden
freier als früher. Die Krankenhäuser haben In Stoppenberg, direkt an der Grenze zu ist, wünsche ich mir noch weitere Gesund-
sich schon längst darauf eingestellt und bie- Altenessen, haben wir mit STATAMED ein heitsangebote für Frauen und werdende
ten in Essen viele Eingriffe, ganz verschie- echtes Zukunftsprojekt entwickelt. Einzig- Mütter. Bestenfalls sollten auch weitere Fach-
dene Operationen auch ambulant an. Da artig in NRW, mitten im Essener Norden. ärzte in Altenessen ihre Praxen ansiedeln.
reicht der Aufenthalt von einem Tag ohne STATAMED steht für (Kurz-) „Stationäre All- Ein wichtiger Schwerpunkt soll die Kinder-
Übernachtung. Die kleineren Krankenhäu- gemeinmedizin“ mit sektorenübergreifen- und Jugendmedizin werden. Dazu werden
ser können den Wandel dann aus eigener der Versorgung und wird aktuell an 6 Stand- wir als Stadt Essen vorangehen und einen
Kraft nicht mehr bestehen. orten in Deutschland erprobt. Einer davon Teil unseres Kinder- und Jugendgesundheits-
Zwei Kliniken plötzlich geschlossen. Wie ging’s ist unser Gesundheitszentrum St. Vincenz in dienstes des Gesundheitsamtes nach Alten-
weiter? Essen. Wenn akut erkrankte und ältere Men- essen verlagern. Der Allgemeine Sozialdienst
Unser Oberbürgermeister Thomas Kufen hat schen einer Behandlung bedürfen, werden des Jugendamtes, die Zusammenarbeit mit
mich damals noch an Tag 1 nach der Ver- sie oft per Rettungswagen in die Notaufnah- dem Jugendpsychologischen Institut der
kündigung der Krankenhaus-Schließungen me gebracht und für längere Zeit vollstatio- Stadt Essen sind wichtige weitere Bausteine.
– obwohl wir beide sozusagen in Schock- när im Krankenhaus versorgt. Aus medizini- Die Interdisziplinäre Frühförderung und das
starre waren – beauftragt, eine Analyse für scher Sicht ist es viel bedarfsgerechter, wenn Zentrum für Kindesentwicklung des Kinder-
die Gesundheitsversorgung schnell vorzu- die Betroffenen für wenige Tage eine pfle- schutzbundes sollen ebenfalls konzeptionell
bereiten und erste Skizzen für Lösungsmo- gerische und ärztliche Rund-um-die-Uhr- eng angebunden sein. All das sind Bausteine
delle für den Essener Norden zu entwickeln. Versorgung im Krankenhaus erhielten und für unser neues Kindergesundheitszentrum
Ich war mit unserem Oberbürgermeister danach ambulant weiterbehandelt würden. mitten in Altenessen. Darüber hinaus füh-
sehr einig: „Wir lassen den Norden nicht Unser Ziel im Essener Norden mit STATA- re ich noch Gespräche mit der Tagesklinik
hängen!“ Auch wenn die Aufgabe irre kom- MED, nach der vierjährigen Modellphase des LVR, also der Kinder- und Jugendpsy-
plex ist. Wir fangen ja fast bei Null wieder an. wird sie weiter unter dem Begriff „Stadtteil- chiatrie.
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