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SPORT


 Wer Otto Rehhagel erlebt und im Sport zu Hause
 ist, braucht nicht lange, um diesen Menschen
 zu begreifen. Der Leistungsgedanke steckt in
 ihm drin, er hält auf der einen Seite eine pro-
 fessionelle Distanz, steckt aber dennoch voller
 Energie  und  Lebensfreude,  die  sich  auf  sein
 Umfeld überträgt. Man könnte es auch so for-
 mulieren: Der Trainer hat gern Spaß! Freude
 begreift der Mensch Rehhagel als leistungs-
 fördernd, aber eine professionelle Grundein-
 stellung und Disziplin ist für ihn das unum-
 stößliche Fundament. Bei der Pressekonferenz
 zum  UEFA-Legendenspiel berichten „seine“
 griechischen Europameister von 2004, dass sie
 das Halb nale in Dortmund am Tag zuvor be-
 suchen wollen. Ich übersetze, Rehhagel gerät
 in Wallung: „Und dann kommt ihr um 5.00 Uhr
 nach Hause? Was soll das geben?“ Es war kein
 Witz, im Raum wurde es still.

























 Das Intermezzo in der Nachbarstadt
 währte nur kurz: Rehhagel 1978 als Trainer
 des BVB.

 Der junge Otto Rehhagel im Trikot von
 Rot-Weiss Essen gegen Borussia
 Mönchengladbach, rechts Mitspieler Heinz
 Wewers, links Ulrich Krohn (Mitte).
 Seilchen-Springen als Jungprofi bei
 Rot-Weiss Essen mit Trainer Willi Multhaup,
 rechts Gustav Walenciak und Kurt Linder
 (links unten). Die drei Großen des
 Essener Fußballs. Helmut Rahn mit
 Rehhagel und Willi Lippens (rechts).


 Der Fußball-Pro   heute gut 400 Euro entsprechen würde, und   von 1955 hatte ihren Zenit überschritten.   gebot von Hertha BSC Berlin wie gerufen.
 Otto Rehhagel spielte als Jugendlicher und   einen VW-Käfer. Für Rehhagel ö net sich   Rehhagel spielte zwar jedes Spiel, aber den   „Ich werde den Anruf nie vergessen. Ich
 junger Erwachsener beim TuS Helene Al-  eine neue Welt, denn er spielt mit den Hel-  Abstieg aus der Oberliga, der damals höchs-  konnte Bundesliga spielen und dann noch
 tenessen und wurde 1954 in die Olympia-  den seiner Kindheit. Aus der Rot-Weissen   ten Spielklasse, konnte er nicht verhindern.   in Berlin. Ich hatte doch bis dahin nur in
 Auswahl berufen. Nun kam Rot-Weiss-Chef   Erfolgsmannschaft waren noch  Stars  wie   Damit hatte der RWE keine Chance, in die   Essen gelebt.“ Nach drei Jahren wurde Her-
 Georg  Melches auf  Rehhagel  zu  und stat-  Herkenrath, Islacker, Köchling, Vordenbäu-  1963 gegründete Fußball-Bundesliga aufzu-  tha zum Zwangsabstieg verdonnert. Reh-
 tete ihn mit einem Vertrag an der Hafen-  men und Wewers im Kader. „Es war mein   steigen, doch genau da wollte er hin. „Für   hagel wechselte zum 1. FC Kaiserslautern.
 straße aus. Er erhielt eine Anstellung bei   großer Ehrgeiz, einmal für Rot-Weiss Essen   mich ging es nur um Fußball. Ich wollte un-  „Das war für mich wirklich etwas Besonde-
 Coca-Cola, 150 Mark Entschädigung, was   zu spielen.“ Aber die Meister-Mannschaft   bedingt in die Bundesliga.“ Da kam ein An-  res. Der Verein der Weltmeister von 1954.


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